Ausstellungsbesprechungen

Alfons Mucha. Unteres Belvedere, Wien, bis 1. Juni 2009

Der tschechische Künstler Alfons Mucha (1860–1939) schulte seinen Stil in Wien, München und Paris, und so ist es überraschend, dass das Belvedere die erste umfassende Alfons Mucha-Ausstellung in Österreich präsentiert. Im großzügigen Ambiente kann man sich von der Bedeutung und der vielfältigen künstlerischen Ausdrucksweise des Malers, Zeichners, Interieurgestalters und Schmuckdesigners überzeugen.

Von den rund 200 Arbeiten muss man nicht alles mögen: Zum Teil ist das religiöse Pathos der Historienbilder in Raumgröße, die sich mit der Geschichte Bosniens und Herzegowinas und anderer benachbarter Regionen befassen und der visionären Völkervereinigung an sich huldigen, in der physischen Bedeutung des Wortes schwer zu ertragen. Berücksichtigt man jedoch die jüngsten Konflikte, das Herzblut und das tatsächlich vergossene Blut quasi vor unserer mitteleuropäischen Haustür, kann man eher ermessen, was den Künstler eine Jahrhundertwende früher bewegt hat.

Von unbestreitbarem Rang sind allerdings die Plakate, die Mucha zu einer unvergleichlichen Reife bringt. Da kam es ihm zugute, dass er in Wien als Kulissenmaler gearbeitet hatte. Dies sieht man sowohl seinen Illustrationen wie auch seinen bemalten Paravents an, die im Museum gezeigt werden. Mit seinem Plakat für das Drama »Gismonda« im Jahr 1894 machte Mucha nicht nur die Schauspielerin Sarah Bernhardt zur Ikone der Bühne, sondern sich selbst zum Star des Jugendstils. Hier stieß er eine ganz anders Saite an – und während die schwülstigen Monumentalwerke den politisch-nationalen Nerv seiner Zeit trafen, konnte er im Dienste der Bühnenwelt seinen Stil entfalten, der alsbald seinen Namen trug. In Paris entstand Muchas druckgraphisches Illustrationsopus »Le Pater«, das auch die innige Seite des religiösen Künstlers zeigt. Im Unteren Belvedere kann sich der Betrachter Zeit nehmen, um die Entwicklung dieser Werke von der Skizze bis zum Druck nachzuvollziehen.

Zur Abrundung des Schaffens präsentiert das Schloss auch kunsthandwerkliche Arbeiten, insbesondere Schmuck. Bedauerlicherweise kann die Ausstellung nur andeutungsweise in Skizzen und illuminierten Modellentwürfen darauf hinweisen, dass Mucha auch grandiose Glasfenster schuf, etwa für den Veitsdom in Prag – dorthin war Mucha 1910 gezogen, als sein Werk in Paris an Bedeutung verlor. Dafür waren ihm einige Aufenthalte in den USA recht nützlich: Mithilfe eines amerikanischen Mäzens schuf er zwischen 1910 und 1928 einen Zyklus, der sich wieder mit der slawischen Geschichte befasste. Dieses bildnerische Epos ist in Skizzen und ausgearbeiteten Studien gegenwärtig.

Die Werkschau in Wien, die nach der österreichischen Station noch in Montpellier und in München gezeigt wird, wurde anlässlich des 70. Todestages am 14. Juli konzipiert. »Die Mucha-Ausstellung«, so der Kurator Jean-Louis Gaillemin, »ist die erste große Ausstellung seit 1980. Diese Ausstellung wurde damals in Paris, in Darmstadt und auch in Prag gezeigt. Und jetzt gibt es auch in Wien so einen Versuch, die verschiedenen Teile, die verschiedenen Aspekte der Kunst von Mucha zu zeigen. Nämlich nicht nur die Plakate, die natürlich die Besucher zuerst sehen werden, sondern auch die anderen Mittel, mit denen sich Mucha ausgedrückt hat.«

Weitere Informationen

Öffnungszeiten
Täglich 10:00 bis 18:00 Uhr
Mittwoch 10:00 bis 21:00 Uhr

Weitere Stationen der Ausstellung
Musée Fabre, Montpellier, 20. Juni –20. September 2009
Kunsthalle der Hypo-Kulturstiftung, München, 9. Oktober 2009 – 24. Januar 2010

Katalog
Jean-Louis Gaillemin, Michel Hilaire, Agnes Husslein-Arco u. a. (Hrsg.): Alfons Mucha. Katalog zur Ausstellung im Belvedere Wien, 2009 und in der Kunsthalle der Hypo-Kultursstiftung München, 2009/2010. 355 S. m. 500 meist farb. Abb. München: Hirmer, 2009  
ISBN 978-3-7774-7035-1

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