Ausstellungsbesprechungen

Alles fließt - Peter Doig in der Schirn Kunsthalle

Alles fließt. Das Wasser. Die Farbe. Die Erinnerung. Unablässig vorbeiziehende Ströme, die in der Kunst zum Bild gerinnen. Ein magischer Vorgang. Der Urmythos (gegenständlicher) Malerei. Und der hektischen Sinnsuche aktueller Kunstproduktion zum Trotz anscheinend ein zeitloses Projekt. Denn in der Frankfurter Schirn ist anhand von 50 Gemälden des Malers Peter Doig zurzeit zu besichtigen, dass sich das Spiel mit und die Fixierung von vergänglichen Augenblicken noch immer so lustvoll betreiben wie betrachten lässt.

Eigentlich ist auf den Bildern des 1959 in Edinburgh geborenen und heute auf Trinidad lebenden Künstlers wenig tatsächlich Neues zu erkennen. Da werden, ganz pop-artistisch, Schnappschuss-Blickwinkel und mehr oder weniger identifizierbare Film-Stills zur Basis von großformatigen Ölgemälden. Der Malduktus scheint einen Säureanschlag vorwegzunehmen. Diese diffusen Farbflecken, aber auch Doigs Interesse an Überlagerungen – Mörtelschichten auf einer Mauer, Baumkronen vor einem Neubau, fallender Schnee und Lichtreflexe auf einer Wasseroberfläche – erinnern an die längst etablierten Spielarten expressiver Malerei auf der Grenze zur Abstraktion. Und natürlich kann niemand die Szenen aus der exotischen Heimat des Malers betrachten, ohne an die Zivilisationsflüchtlinge der Moderne zu denken.

Doch so still und unspektakulär die seit Doigs zweitem Londonaufenthalt 1989 entstandenen Bilder auch daherkommen, sie geben dem Betrachter Rätsel auf: Was geschah am „Echo Lake“? Wohin treiben die „Figures in Red Boat“ und wird die Eisdecke den Mann auf „Blooter“ weiter tragen?

Peter Doig verführt sowohl zur spekulativen Rekonstruktion der Bildgeschichte als auch der malerisch-materiellen Struktur. Der Betrachter erforscht die Spuren, lässt sich erzählen und wird zum Erzähler. Er vollzieht den Sprung vom Material zum Bild nach und beweist damit, dass Malerei unabhängig von ihrer Bedeutung im Kunstdiskurs als kollektive Kommunikationsform lebendig bleiben wird. – Wir dürfen uns Peter Doig als jederzeit betrachtenswert vorstellen.

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