Ausstellungsbesprechungen

Als Frieden möglich war – 450 Jahre Augsburger Religionsfrieden

Über 60000 Menschen haben inzwischen die groß angelegte Ausstellung anlässlich des 450. Jahrestages des Augsburger Religionsfriedens gesehen, weshalb die Veranstalter der Kunstsammlungen und Museum Augsburg – beflügelt auch von den komplett ausgebuchten Führungen – sich zur Verlängerung entschlossen haben. Ein organisatorischer Kraftakt, mussten die 150 Leihgeber doch zuerst zustimmen.

Etwas verschlankt (Francois Dubois’ »Bartholomäusnacht« etwa hat einen Termin in Berlin) geht nun die Schau in die letzte Runde der Verlängerung. Ein Gradmesser für das rege Interesse des Publikums sind auch die rund 5000 verkauften Kataloge, angesichts der Textlastigkeit und des stattlichen Umfangs eine respektable Größe.


Historisch gesehen ist der Augsburger Religionsfrieden ein einzigartiges Verfassungsdenkmal: Das Gesetz legalisierte das evangelisch-lutherische Bekenntnis, erstmals wurde damit die Koexistenz zweier verschiedener Glaubensrichtungen im reich dauerhaft verfassungsrechtlich anerkannt. Als Fingerzeig auf die politische Kultur aller Zeiten ist auch zu werten, dass der Religionsfrieden nach blutigen Auseinandersetzungen und mühsamen diplomatischen Verhandlungen einen von Toleranz getragenen Kompromiss im Religionskonflikt verwirklichte. Die Ausstellung geht diesem Prozess, der wesentlich zwischen 1555 und 1648 stattfand, in 350 Exponaten nach, beleuchtet ihn in seinen politischen, theologischen, rechtlichen und künstlerisch-kulturellen Verflechtungen. Begleitet – und was das hochkomplexe Thema angeht: erleichtert – wird der umfassende Rundumblick durch den Katalog, der nicht nur in einer brillanten Qualität die ausgestellten Arbeiten dokumentiert, sondern in 26 Essays auch die Hintergründe durchaus erschöpfend darstellt. Denn der Augsburger Religionsfriede wird erst durch die Berücksichtigung der Vorgeschichte (man denke an das Auf und Ab der reformatorischen Bewegung über das Wormser Edikt 1521 über den Nürnberger Religionsfriede 1532 zum Schmalkaldischen Krieg 1546/47) und der Nachwirkung, zugleich in der Bewertung der Rolle der beteiligten Theologen und Regenten (wie etwa Kurfürst Moritz von Sachsen u.a.) in seiner Bedeutung fassbar.

 

Bahnbrechend für die deutsche Geschichte war der lakonisch formulierte Grundsatz »Cuius regio, eius religio« (Wessen Land, dessen Religion), das der Religionsfreiheit zumindest nahe kam, bedenkt man, dass jemand, dem die Religion des Landesherrn zuwider lief, Zuflucht unter dem Dach eines benachbarten Landesherrn finden konnte. Der Absolutheitsanspruch der Macht war fortan gebrochen, der Glaubenszwang wurde von der Reichs- auf die Territorialebene heruntergestuft. Nach dem 25. September 1555, der Unterzeichnung des hart errungenen Religionsfriedens, wurde es verhältnismäßig ruhig im Deutschen Reich, im Gegensatz zu Frankreich und England, wo die Konfessionalisierung zu gravierenden politischen Destabilisierungen mit blutigen Auseinandersetzungen führten. Allerdings war es bei den deutschen Nachbarn letztlich nur eine Ruhe vor dem Sturm – 1618 brach mit dem Dreißigjährigen Krieg der Religionskonflikt umso heftiger wieder auf, womit man den Religionsfrieden dauerhaft erst mit dessen Ende 1648 ansetzen kann. Offensichtlich hatten die zwei Generationen zwischen 1555 und 1618 den epochalen Friedensschluss in den Wind geschrieben – die dritte musste dies bitter büßen.

 

Abgesehen davon, dass die Ausstellung, zusammen mit einem riesigen Begleitprogramm vom wissenschaftlichen Vortrag bis hin zur kindgerechten Aufbereitung, unter den historisch relevanten Events einen Höhepunkt in diesem Jahr darstellt, ist sie auch kunsthistorisch wichtig und obendrein ästhetisch ein »Schmankerl«: Neben sekundär bedeutenden Arbeiten – schriftliche Dokumente (darunter die beglaubigte Originalschrift des Religionsfriedens), Fürstenporträts kunsthistorisch auch minderen Ranges und Kunsthandwerk vom Feinsten, Pokale und Möbel, Kleidung und Gewänder, Rüstungen und Waffen – sind auch Meisterwerke zu sehen: ein bronzenes, feuervergoldetes Auferstehungsrelief aus dem Altar für Christoph Fugger von Hubert Gerhard, Gillis III. van Conixloos kleines, aber reizvolles Landschaftsbild von der »Auffindung des Mosesknaben« (1590), Rubens’ Porträtzeichnung des Philosophen Justus Lipsius (1615), Berninis Bronzeporträts von Papst Urban VIII. (1640) und von Kardinal Richelieu (1642), Melchior Küsels Kopie nach Callots berühmter Radierfolge »Les Misères et les Malheurs de la Guerre« (nach 1650), um nur einige zu nennen.

Weitere Informationen

Eintritt

7,- EURO, ermäßigt 5,50 EURO (Studenten, Rentner, Behinderte, Wehr- und Zivildienstleistende) / 2,50 EURO (Schüler)

Gruppen ab 10 Personen p.P. 5,- EURO

Familienkarte 14,- EURO

 

Öffnungszeiten

Dienstag, Mittwoch, Freitag 9–19 Uhr

Donnerstag 9–21 Uhr

Samstag, Sonntag 10–19 Uhr

 

Führungen

Dienstag, Mittwoch, Freitag 17 Uhr

Donnerstag 17 und 19 Uhr

Samstag, Sonntag 11, 14 und 16 Uhr

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