Buchrezensionen

Angus Hyland, Caroline Roberts: Katzen in der Kunst, Dumont 2017

Sie schnurren, maunzen und stellen sich wie selbstverständlich in den Mittelpunkt: Katzen. Nicht umsonst zählen sie zu den beliebtesten Haustieren. Dass auch die Kunst sich der Faszination, die die Stubentiger auf uns ausüben, nicht entziehen kann, beweist der kleine Band. Stefanie Handke hat darin geblättert.

»Dieses Buch will auf den Schoß!«, so kündigt der Verlag den kleinen Band an. Nun denn, dann darf er sich gern mit den hauseigenen Katzen um den Platz dort kämpfen. Ist das geschafft, so können sich Buch, Hauskatze und Leserin endlich der Lektüre hingeben. Öffnet man das Buch dann. So begegnet einem ein Kontrast: »Weiße Katze« (1919) von M.C. Escher strahlt selbstvergessene Ruhe aus; »Schwarze Katze« (2014) von Michael Caines, rund 100 Jahre später entstanden dagegen zeigt eine schwarze Katze, die scheinbar von einem Geräusch aufgeschreckt wurde und mit weit aufgerissenen Augen aufmerkt. Zwei besondere, aber typische Situationen im Leben der Stubentiger.

Der Band macht es sich zur Aufgabe, der Faszination von Katzen auf den Menschen mithilfe zahlreicher Bilder nachzuspüren. Stets haben sich auch Künstler mit den Tieren auseinandergesetzt und das nicht erst seitdem Katzenkitsch in jeder Dekorationshölle zu kaufen ist. So können die Herausgeber und Autoren mit einer Studie da Vincis bis ins 15. Jahrhundert zurückgehen. Versehen ist dieses Studienblatt mit einem herrlich bissigen Text, der die Frage aufbringt, ob »ein stures Kleinkind und eine bockige Katze […] selbst für die geniale Feder des vollkommenen Renaissancekünstlers eine echte Herausforderung« waren. Entziehen sich Katzen also der künstlerischen Darstellung?

Nein, so einfach ist es nicht. Jedoch scheint die Faszination für diese Lebewesen viele Künstler zu beschäftigen, egal ob als Bildelement oder als Hauptmotiv. Spannend etwa ist Francisco de Goyas »Manuel Osorio Manrique de Zúñiga«, auf dem der Junge mit einer Elster an einer Schnur dargestellt ist. Diese wird auf den ersten Blick von zwei Katzen belauert, bei genauerem Hinsehen aber entdeckt man ein weiteres Augenpaar in den Schatten – offensichtlich ein schwarzer Teufel, der wie gebannt die Bewegungen des Vogels verfolgt. Die hier versteckte schwarze Katze mit ihrem hypnotischen Blick ist kein unbeliebtes Katzenmotiv, denn der Kontrast zwischen kohlrabenschwarzem Fell und gelben oder grünen Augen ist ohne Zweifel auch künstlerisch reizvoll. Das belegen hier »Owen Smiths »Jilt (2012), Vania Zouravliovs »Schwarze Katze« (2006) oder ein unbetiteltes Werk Dorota Srokas aus 2010, auf dem sich dunkle Gestalten mit leuchtenden Augen tummeln.

Nicht minder fasziniert ist der Mensch im Kontrast von der Ruhe, die dösende oder tief schlafende Katzen oft ausstrahlen. Yi-Shiang Yangs »Schreibtisch-Kompagnon« (2013) zeigt eine auf besagtem Schreibtisch schlafende schwarz-weiße Katze, die dem in seine Arbeit vertieften Angestellten Gesellschaft leistet, vollkommen unberührt von dem, was um sie herum vorgeht. Die Tierliebe Franz Marcs verwundert nicht, dass er 1912 auch eine schlafende weiße Katze darstellte, halb zusammengerollt und an ein Kissen geschmiegt. In dieser Ruhe aber bleiben ihre Ohren gespitzt – wie so oft ist ihr die Umwelt bei aller scheinbaren Tiefenruhe gewärtig. Auf die Spitze treibt das Cornelis Visscher mit »Die große Katze« (um 1657). Hier sehen wir eine sitzende und (scheinbar) dösende Getigerte, hinter der sich eine Maus aus ihrem Loch gewagt hat. Die Ohren des Stubentigers sind gespitzt, sicherlich belauscht er das Tier hinter seinem Rücken. Dieses Spannungsverhältnis zwischen absoluter Ruhe und Anspannung mag es sein, das Katzen derart interessant für uns macht, gepaart mit ihrer Unabhängigkeit, die sie uns immer wieder spüren lassen. Die kann sich Bahn brechen, wenn ein solcher Stubentiger nicht gestreichelt werden will und seine Krallen zückt, wenn er in scheinbar unmöglicher Lage auf einer Sessellehne posiert oder sich mit allen Pfoten gegen ein Kind wehrt, dass unbedingt mit der Mieze spielen mag, aber trotzdem keine einzige Kralle einsetzt – oder wenn auf Sebastiano Lazzaris »Stillleben mit Katze« (um 1770) eine Katze eilig, aber reichlich wenig beeindruckt vom menschlichen Eigentum eine Scheibe Wurst stiehlt.

Die Stärke des Buches ist es eindeutig, dass sich die Autoren die Mühe gemacht haben, zu fast jeder Situation, die ein Katzenhalter oder -beobachter kennt, bildliche Darstellungen anzubieten. Oft denkt man sich »wie meine auch«. Sie schaffen es die Faszination dieser domestizierten, aber nichtsdestotrotz unabhängigen Wesen deutlich zu machen. Der Schwerpunkt liegt dabei auf der Kunst des 20. Jahrhunderts und der Gegenwart, und das ist ein wenig schade, denn in dieser Zeit ist die Hauskatze als geliebter Gefährte keine Besonderheit mehr und die Darstellung des Tieres als Bildmittelpunkt hat zuweilen fast schon einen verkitschenden Charakter. Zwar führt diese Auswahl auch zu Entdeckungen, jedoch wäre ein Blick in die Antike und ins Mittelalter schlichtweg interessant gewesen und hätte das Bild gerundet. Jedoch: Das Buch eignet sich hervorragend als kleines Geschenk und bei aller Kitschigkeit so mancher Darstellung (Jane Crowthers »Schwarze Katze«, 2010) bleibt es unterhaltsam.

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