Ausstellungsbesprechungen

Architektur der Nacht – Leuchtende Bauten

Was liegt näher bei einem Bau, der in der Nacht sein leuchtendes Zeichen im Herzen Stuttgarts setzt: Die Sommernächte bekamen vom Kunstmuseum den Weg gewiesen mit seiner Schau »Leuchtender Bauten« und der Herbst scheint sich zu verneigen mit seinen kürzer werdenden Tagen – erstmals wird das große Thema der Architekturillumination in seiner vollen Breite inszeniert: beleuchtete Modelle und vom Licht inspirierte Entwürfe, Fotografien und Gemälde sowie architektonische Leuchtskulpturen erhellen die Architektur der Nacht.

Dabei soll auch die Frage nicht außen vor bleiben, wie sich die verschiedenen Beleuchtungskonzepte zwischen Kommerz und ästhetischem Anspruch behaupten können.

 

Der Modellbogen der Stuttgarter Ausstellung spannt sich vom Eiffelturm bis zum Stuttgarter Lichthaus Luz, Entwürfe tragen die Signatur so bedeutender Architekten wie Bruno Taut oder Hans Scharoun, und das Faible für Lichtfassaden in der aktuellsten Architekturgeschichte gibt der Augenweidenschau zudem die Möglichkeit einer Bestandsaufnahme neuer Bauten. Der Eiffelturm jedoch nimmt dabei eine Schlüsselposition ein: Der Symbolbau der Weltausstellung 1889 in Paris erstrahlte nachts als Leuchtturm; allerdings zeigten auch die zum Teil lächerlichen Beleuchtungs- und Umgestaltungsversuche des französischen Wahrzeichens auch die Grenzen der Lichtkunst. –Stuttgart leuchtet!

 

Kaum zu glauben, Stuttgart hatte einst einen leuchtenden Musterknaben, der zwar dem Eiffelturm nicht das Wasser des Ruhmes reichen konnte, aber er stand für die architektonische Avantgarde der 20er Jahre, wie die Weißenhofsiedlung. Heute geht er leider etwas unter, zumal das Ensemblemitglied, Erich Mendelsohns Kaufhaus Schocken, nicht mehr existiert. Da tut es gut, wenn eine Ausstellung den Finger in diese Wunde legt und in Erinnerung ruft bzw. den jüngeren Stuttgartern (und Nichtstuttgartern) überhaupt nahe bringt, dass Stuttgart einmal Weltruf genoss als Stadt der Architektur – und die zeigte sich im Licht, inklusive den Tagblattturm von Ernst Otto Oßwald.

 

Aber als Heimspiel darf man die Ausstellung natürlich nicht missverstehen, dafür steht schon das drei Meter hohe Modell des Eiffelturms ein, das sich als einziges im Original erhalten hat. Als man nach der Weltausstellung 1890 beschloss, ihn nicht abzureißen – weil er sich vielmehr schon als Wahrzeichen von Paris etabliert hatte –, gab es Überlegungen, ihn als Leuchtturm zu nutzen, der die Straßenlaternen ersetzen sollte. Das klappte nicht, aber die Illuminationsvorschläge wuchsen ins Unermessliche. Und nahmen auch kein Ende, da selbst ungebaute Konkurrenztürme wie das Lichtkunstobjekt von Nicoals Schöffer eben nur Reflexe auf den Pariser Eisenzeiger waren. Aus den verdunkelten Räumen des Kunstmuseums dürfen die echten und die fingierten, gebauten und erdichteten Bauträume erstrahlen: Bruno Tauts kristalline Fantasien in Glas, den irrwitzigen Lichterdom von Hitlers Lieblingsarchitekten Albert Speer, der mystische Leuchtblock des Bregenzer Kunsthauses von Peter Zumthor u.a.m.

 

Nicht alles erschließt sich einem in der watthaltigen Stuttgarter Ausstellung unmittelbar. Die über drei Stockwerke sich erstreckende Schau füllt manche der Weitläufigkeit geschuldete Lücken mit Leerlauf, überbrückt dann wieder halbwegs elegant mit Videopräsentationen, ermüdet zuweilen an Doppelungen (eine Staffel Postkarten ist schon in Ordnung, eine zweite hätte nicht sein müssen). Aber was an Modellen zu sehen ist, ist spektakulär wie das Thema selbst. Ausgezeichnet ist auch der Katalog, der die Ausstellungsstruktur besser aufdeckt als es die Arbeiten selbst tun können. So gliedert sich das Begleitbuch in die Blöcke »Anwendungsarten« (von der Kontur- und Flutlichtbeleuchtung über die Leuchtreklame bis hin zur kinetischen Kunst), »Anwendungsorte« für Nachtschwärmer, und zu guter letzt stehende »Visionen« auf dem Papier.

 

Ein dickes Lob gebührt auch den findigen Ausstellungsmachern, die für Kinder einen Spielkoffer zusammengestellt hatten, der für Kurzweil sorgt – da zeigt sich das Kunstmuseum als Trendsetter (wenn auch etwa das Museum Ritter in Waldenbuch einen prima Fragebogen für die Kleinen und Kleineren parat hält). Am 1.10. ist die Finissage, die das Licht, das über dem Kunstmuseum schwebt, wohl noch einmal aufleuchten lässt. Dazu gehört auch ein Kammerkonzert des SWR.

Weitere Informationen

Öffnungszeiten

Di–So 10–18, Mi 10–21 Uhr

 

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