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Ausstellungstipp: Bruce Davidson - Subway, c/o Berlin, bis 20. Mai 2012

C/O Berlin präsentiert erstmalig in Berlin eine Auswahl von 47 Dye-Transfers aus der Subway-Serie des US-amerikanischen Fotografen Bruce Davidson. Eine Ausstellungsempfehlung von Bettina Maria Brosowsky.

Anfang der 1980er Jahre war die New Yorker Subway ein gefährliches Verkehrsmittel: technisch marode, Ort von Kriminalität, schmutzig, mit Graffiti übersät. Der Fotograf Bruce Davidson, 1933 in New York geboren, begab sich ab Frühjahr 1980 mitten hinein. Nach Abschluss eines Filmprojektes zog es ihn zurück zu den Standbildern der Fotografie, er begann mit den bepflanzten Verkehrsinseln entlang des Broadway und den alten einsamen Menschen, die sie als kleine grüne Oasen benutzten.

Bei seinen Streifzügen durch die Stadt entdeckte er die Subway. Sie erschien ihm bald als eine Metapher für die Welt, in der wir heute leben, wie auch als ein urbanes System des sozialen Ausgleichs. Zu Anfang fotografierte Davidson in schwarz-weiß, schnell wechselte er aber zur Farbe, da er nur so seine Bildaussagen umzusetzen vermochte. Das wechselnde Licht, die vollkommene Dunkelheit der Tunnel, die Reflexe der metallischen Oberflächen, das menschliche Fleisch vor den Graffiti – das alles wurde von Bruce Davidson förmlich aufgesogen. Aber der kompositorische Blick blieb nicht ästhetischer Selbstzweck, es entstand bis 1985 ein groß angelegtes, sensibles Sozialporträt, häufig unterprivilegierter, gesellschaftlich abgehängter Menschen. Meist fragte Bruce Davidson respektvoll seine Protagonisten, ob er sie fotografieren dürfe. Er stellte sie dann, in der Regel mit dem Blitzlicht, aus der Masse frei, betonte sie in ihrer Individualität und menschlichen Würde. Gleichwohl sind die Fotografien nicht gestellt. Sie sind authentische Zeugnisse, am wahren Ort dem winzigen visuellen Dialog mit dem Gegenüber entsprungen.

Bruce Davidson übertrug den Begriff des »moment décisive« eines Henri Cartier-Bresson auf sein spezifisches Anliegen, er erweiterte das Genre der Bildreportage um eine glaubwürdige soziale Empathie. Und Bruce Davidson bekannte sich zu einer dezidiert künstlerischen Verwendung der Farbe in der Fotografie, die lange als vulgär verpönt war. Er setzte sie über das aufwendige Dye-Transfer-Verfahren um, eine Technik mit Zwischennegativen, die die Intensivierung einer einzelnen Farbe im Abzug ermöglichte, ohne deren Komplementärfarbe zu beeinflussen.

Bei c/o Berlin im alten Postfuhramt ist bis zum 20. Mai eine Auswahl von 47 Abzügen aus insgesamt 110 Motiven der Subway-Serie zu sehen, die 1986 erstmals ausgestellt wurde. Die Fotografien sind in der ehemaligen Turnhalle als ein enger Zug, ähnlich wie Waggons der Subway, gehängt. Sie gewähren Einblick in urbane Situationen voller Härte und Bedrohlichkeit, in denen sich gleichwohl Menschen tagtäglich, voll Lebenskraft einzurichten verstanden.

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