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Ausstellungstipp: Unsere Moderne - Cézanne. Miró. Matisse. Kirchner. Beckmann. Klee. Staatliche Kunsthalle Karlsruhe bis 3. Oktober 2011

Die staatliche Kunsthalle Karlsruhe hat es sich zur Aufgabe gemacht, in dieser Ausstellung eine komplette Rundschau über die Kunst der Moderne zu bieten - das Ergebnis ist eine imposante Ausstellung. Die Liste der vertretenen Stilrichtungen nimmt kein Ende: Impressionismus, Expressionismus, Kubismus, Surrealismus, Neue Sachlichkeit... Diese Ausstellung sollte man auf keinen Fall verpassen! Eine Empfehlung der Redaktion.

Die herausragende Sammlung moderner Kunst der Staatlichen Kunsthalle Karlsruhe steht im Zentrum einer Sonderausstellung, die Gemälde, Skulpturen, Zeichnungen und Druckgraphik zu einem spektakulären Rundgang vereint. Mehr als 200 Meisterwerke vom französischen Impressionismus und Kubismus über den deutschen Expressionismus zur konstruktivkonkreten Kunst zeigen erstmals einen repräsentativen Querschnitt dieses bedeutenden Sammlungsteils in den Räumen des Hauptgebäudes der Kunsthalle. Der Rundgang dokumentiert anhand zentraler Künstlerpersönlichkeiten die beispiellose Vielschichtigkeit der Kunst in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts.

Beginnend mit den Vertretern der impressionistischen Malerei, Claude Monet, Camille Pissarro und Edgar Degas führt der Weg zu den sogenannten »Vätern der Moderne«, zu Paul Cézanne, Paul Gauguin und Henri Matisse. Bereits zu dieser Zeit kündigen sich die grundlegenden Neuerungen der aufkeimenden Moderne an. Die Künstler bilden die Wirklichkeit nicht mehr ab, sondern betrachten das Kunstwerk zunehmend als eigenständige Realität. Form und Farbe dienen nicht der Illustration eines Themas, sondern entfalten ein virtuoses Eigenleben. Meisterwerke des Kubismus und Orphismus, darunter Robert Delaunays berühmter »Eiffelturm« in seiner zersplitterten Gestalt, künden vom Aufbrechen herkömmlicher Bildvorstellungen.
In der Gegenüberstellung mit Gemälden, Zeichnungen und Skulpturen von Fernand Léger, Georges Braque, Juan Gris, Amedeo Modigliani und Jaques Lipchitz zeigt sich eine neue Raumvorstellung, die von bahnbrechenden naturwissenschaftlichen Erkenntnissen um 1900 beeinflusst war.

Die Auswirkungen der französischen Formexperimente auf die deutsche Kunst spiegeln sich besonders anschaulich in den Arbeiten von Franz Marc wider, dem ein eigenes Kabinett um sein Hauptwerk »Rehe im Wald« gewidmet ist. In Verbindung mit seinen Künstlerfreunden aus dem Kreis des Blauen Reiters, mit der berühmten »Improvisation 13« von Wassily Kandinsky und Augusts Mackes »Leute am blauen See«, werden Gemeinsamkeiten und Unterschiede einer der wichtigsten deutschen Avantgardebewegungen sichtbar.
Einen Schwerpunkt der Karlsruher Sammlung bildet in den folgenden Räumen die Künstlergemeinschaft »Brücke«, deren Mitglieder zur selben Zeit ihre Vorstellungen einer zeitgemäßen und modernen Kunst auf unterschiedliche Art und Weise zu verwirklichen suchten. Ernst Ludwig Kirchners »Varietétänzerin« sowie sein »Selbstbildnis als Maler« sind herausragende Beispiele einer Kunst, die auf Bewegung und Spontaneität sowie auf die Wirkung reiner Farben ausgerichtet war. Begleitet von einer Auswahl seltener Zeichnungen und Druckgraphiken von Erich Heckel, Otto Mueller und Emil Nolde präsentiert dieser Ausstellungsteil ein Herzstück der Karlsruher Sammlung.

Nach der Zäsur des Ersten Weltkrieges kehrten die europäischen Künstler den expressiven Strömungen den Rücken und suchten nach einer beruhigten, formgebundenen Bildsprache. Beredter Ausdruck dieser Auffassung ist in Deutschland die Malerei der »Neuen Sachlichkeit«, die an der Karlsruher Akademie besonders stark vertreten war und daher einen Sammlungsschwerpunkt des Museums bildet. Die thematische Spannbreite dieser Kunstrichtung ist vielfältig und reicht von den Selbstbildnissen und Stillleben Alexander Kanoldts über die Schilderung des zeitgenössischen Lebens bei Karl Hubbuch bis zu sozialkritischen Themen wie Arbeitslosigkeit und Verarmung bei Georg Scholz. Höhepunkt des Rundgangs an dieser Stelle ist das Gemälde »Sieben Todsünden« von Otto Dix, das als ein unbestrittenes Hauptwerk im Schaffen des Künstlers gilt.

Dass sich die Kunst des 20. Jahrhunderts nicht allein als eine Abfolge von Stilen begreifen lässt, veranschaulicht die Vielfalt parallel aufkommender Kunstströmungen. So tritt ab 1925 mit dem Surrealismus eine revolutionäre Kunstrichtung auf den Plan, die die facettenreichen zwanziger Jahre ebenso gültig vertreten kann, wie die Neue Sachlichkeit. Die »surrealistische Revolution« der Zwischenkriegsjahre ist in der Kunsthalle Karlsruhe mit einem ganzen Ensemble von Arbeiten von Max Ernst vertreten. Drei bedeutende Gemälde seiner zentralen Schaffensjahre verdeutlichen in der Gegenüberstellung mit Werken von Joan Miró und Yves Tanguy die zentrale Rolle des Unterbewussten und des Traumes als Triebfeder künstlerischen Gestaltens.

Gleichzeitig suchen fortschrittliche Köpfe am Bauhaus in Deutschland nach einem Weg, Architektur, angewandte Kunst und Malerei miteinander zu vereinen. Lyonel Feininger, Laszlo Moholy-Nagy, Oskar Schlemmer, Paul Klee, aber auch die im Umfeld agierenden Künstler Erich Buchholz oder Naum Gabo sind daher in einer eigenen Abteilung vertreten. Der Rundgang widmet sich schließlich immer wieder auch einzelnen künstlerischen Positionen, die sich nicht in eine größere Gruppe einreihen lassen. So begegnet der Besucher Hauptwerken von Max Beckmann, Oskar Kokoschka, Willi Baumeister, Wilhelm Lehmbruck oder Otto Freundlich, die an zentralen Punkten der Ausstellung platziert sind.
»Unsere Moderne« rückt jene Künstler in den Fokus, die maßgeblich an der Erneuerung der Kunst zu Beginn des 20. Jahrhundert beteiligt waren. Am Ende der Ausstellung stehen ausgesuchte Werke exemplarisch für die Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg: darunter Arbeiten von Jean Dubuffet, Yves Klein und Georg Baselitz. Ihre Kunst lässt die Strahlkraft des innovativen Geistes dieser zentralen Epoche bis in die Gegenwart spürbar werden.

Kurator: Dr. Alexander Eiling / Assistenz: Juliane Betz M.A.

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