Meldungen zum Kunstgeschehen

Ausstellungstipps 2012

Im neuen Jahr geht es rund in der Ausstellungslanschaft. Wir präsentieren Ihnen daher einen kurzen Überblick mit Empfehlungen, die Sie nicht verpassen sollten.

Skandinavien bildet im neuen Jahr den Fokus der Kuratoren. Gleich vier große Ausstellungen beschäftigen sich intensiv jeweils mit einem Künstler aus dem skandinavischen Raum. Den Auftakt macht die Ausstellung »Der schwedische Impressionist Anders Zorn« im Lübecker Museum Behnhaus Drägerhaus. Die Schau präsentiert einen der bedeutendsten und berühmtesten Künstler Schwedens, der schon zu seinen Lebzeiten als Grafiker und Bildhauer sowohl in seiner Heimat als auch auf internationaler Ebene höchste Anerkennung fand.

Weiter geht es in Frankfurt. Die Schirn Kunsthalle bietet im Frühjahr mit der Ausstellung »Edvard Munch. Der moderne Blick« eine neue Sicht auf das Schaffen des für seine malerische Symbolkraft gefeierten Wegbereiters des Expressionismus. Erstmals wird Munchs Auseinandersetzung mit modernen Aufnahmetechniken wie Fotografie und Film oder zeitgenössischen Bühnenbildern in den Fokus der Aufmerksamkeit gestellt. Seine Werke lassen erkennen, in welchem Maße er spezifisch fotografische oder filmische Bau- und Erzählformen, Posen und selbst Effekte in seine Malerei übernimmt.

In Düsseldorf wird mit »Überirdisch Nordisch. Akseli Gallen-Kallela (1865-1931). Finnland im Geiste der Moderne« ein Blick auf die finnische Malerei geworfen. Gallen-Kallela war seit den 1880er Jahren der be­deutend­ste und führende Künstler der frühen Moderne Finnlands. In Kooperation mit dem Musée d'Orsay in Paris und dem Helsinki Art Museum präsentiert das Museum Kunstpalast Düsseldorf eine großangelegte Ausstellung, die 75 außergewöhnliche Meisterstücke umfasst und dem französischen und deutschen Publikum erstmals einen umfangreichen Einblick in Leben und Werk Gallen-Kallelas aus über fünf Jahrzehnten seines Schaffens gewährt.

Zeitgleich zur Düsseldorfer Ausstellung präsentiert »Hammershøi und Europa. Ein dänischer Künstler um 1900« in der Kunsthalle Hypno-Kulturstiftung München einen Überblick über alle Schaffensphasen des Malers. Zudem stellt sie Vilhelm Hammershøi auch in den Kontext seiner europäischen Zeitgenossen um 1900. In der Konzentration auf die wesentlichen Aspekte des dänischen Malers, die limitierte Farbpalette, die trockene Pinselführung und die angespannte Atmosphäre in seinen Darstellungen, werden zentrale Themen seines Œuvres in Hinblick auf die zeitgenössische Malerei Europas herausgestellt: die isolierte Figur im Interieur, die introvertierte Person, der leere Raum, die verlassene Stadt und die nüchterne Landschaft.

Ein besonderes Schmankerl »El Greco und die Moderne« im Museum Kunstpalast Düsseldorf. Zum ersten Mal in Deutschland wird El Greco ins Zentrum der Betrachtung gerückt. Die Schau untersucht die erste, 1912 in Düsseldorf stattgefundene, Begegnung der „Jungen Moderne“ mit den Werken El Grecos. Gleichzeitig wird sein Œeuvre 100 Jahre nach der ersten Begegnung rund 100 Werken von Künstlern gegenübergestellt, die sich mit seiner Bildwelt auseinandersetzten. Neben Werken von Cezanne, van Gogh, Picasso und Delaunay werden auch Gemälde von Beckmann, Kokoschka, Macke, Marc und vielen anderen präsentiert, die von der großen Faszination berichten, die El Greco auf sie ausübte.

Das Jahr 2012 kann abwechselungsreicher nicht ausfallen. Auf der einen Seite steht die Schau »John Pawson - Klare Räume« der Pinakothek der Moderne, die sich Pawson als Meister der minimalistischen Architektur annimmt.  Modelle, großformatige Fotografien, Materialstudien und Objekte zeugen von einer perfektionierten »Kunst des Weglassens«, so das Credo Pawsons, dessen Räume in Proportion, Lichtstimmung und Material gerade in der Reduktion von unnötigem Ballast und der Konzentration auf das Wesentliche auszeichnet. Darin entfaltet Pawsons Kunst eine unglaubliche Wirksamkeit, die der Inventarfülle zuwider läuft.

Auf der anderen Seite steht die Ausstellung »Frauen: Pablo Picasso, Max Beckmann, Willem De Kooning« im selben Haus, die Figürlichkeit ganz in ihr Zentrum stellt. Frauen in der Kunst, ein altes Thema, das die Ausstellung jedoch völlig neu aufarbeitet: Das weibliche Gegenüber tritt in der Kunst von Picasso, Beckmann und de Kooning differenziert und radikaler auf. Die Frau ist da von ungemein eigenständiger Bedeutung und wird immer wieder zu einem sensiblen Spiegel der Probleme und Umbrüche innerhalb der Zeitgeschichte erhoben. Das weibliche Geschlecht dient nicht lediglich als Projektionsfläche männlicher Sehnsüchte, Leidenschaften und Begierden, sondern als Katalysator für eine Auseinandersetzung mit der eigenen Biographie im zeitgeschichtlichen Kontext (Picasso), mit geschlechterspezifischen Freiheitsvorstellungen (Beckmann) oder mit den eigenen künstlerischen Ausdrucksmöglichkeiten (de Kooning).

Nicht weniger spannend ist die Ausstellung »Marc Chagall und die Bibel« im Pablo-Picasso-Kunstmuseum in Münster. Chagalls Illustrationen des Alten und Neuen Testaments sind im Bewusstsein vieler Menschen fest mit den Geschichten der Heiligen Schrift verbunden. Mit seiner individuell-poetischen Bildsprache schafft er dabei eine künstlerische Verbindung zwischen Juden- und Christentum. In der Ausstellung erwartet den Besucher ein exemplarischer Querschnitt durch das gesamte religiöse Schaffen des Künstlers, angefangen mit Illustrationen des Alten Testaments, darunter die Schöpfungsgeschichte, die Joseph-Legende und die Propheten bis hin zu Darstellungen aus dem Neuen Testament.

Über den europäischen Tellerrand hinaus schaut die Ausstellung »Lothar Baumgarten - Abend der Zeit. Señores Naturales Yanomani« des Essener Museum Folkwang. Am Ende der 1970er Jahre lebte Lothar Baumgarten unter den Yãnomãmi des Oberen Orinoco, in den Wäldern der Wasserscheide zwischen Venezuela und Brasilien. 18 monatelang teilte er das Leben der Indianer von Kashorawë- und Yapitawë-theri, zwei Yãnomãmi Gemeinschaften die zu klein geworden waren um sich noch gegen ihre zunehmend feindlichen Nachbarn verteidigen zu können und deshalb zu einem Nomadendasein verdammt wurden. Er begleitete die jagend und sammelnd durch die Wälder ziehende Gemeinschaft der 84 Yãnomãmi bei ihren täglichen Unternehmungen. Die während jener Zeit vor Ort gegen Naturalien getauschten ethnographischen Gegenstände und die ganz unerwartete Fülle entstandener Zeichnungen der Yãnomãmi auf Papier, wie auch die umfangreichen Ton- und Filmdokumente werden in der Präsentation von fotografischen Sequenzen begleitet, die die erlittene Nähe des erlebten Unbekannten sichtbar werden lassen. Wir sehen keine gekauften oder modellierten Bilder, sondern die Unmittelbarkeit des Vertrauten, denn neben aller Fremdheit ist ihnen menschliche Nähe offensichtlich eigen.

Von den Randfiguren europäischer Aufmerksamkeit hin zum Kanon europäischer Kunstgeschichte geht es in der großen baden-württembergischen Landesausstellung »Mythos Atelier. Von Caspar David Friedrich bis Bruce Nauman« der Staatsgalerie Stuttgart. Zentral steht die Frage nach dem spannenden Verhältnis des Künstlers zu seinem Atelier. Diese Frage wird anhand kanonischer Künstler und ihrer Werke seit der Frühromantik thematisiert: Caspar David Friedrich, Adolph Menzel, Edouard Manet, Picasso, Henri Matisse, Ernst Ludwig Kirchner, Max Beckmann, Constantin Brancusi, Kurt Schwitters oder Alberto Giacometti. Seit den 1960er Jahren setzen sich die Künstler oft explizit mit dem Mythos des Ateliers auseinander. Dabei erweitern Bruce Nauman, Joseph Beuys, Dieter Roth, Martin Kippenberger, Paul McCarthy oder Lois Renner das Spektrum nicht nur medial durch Video, Computertechnik und Installationskunst, sondern auch inhaltlich in der Verknüpfung von Atelier und Alltag, Labor und Bühne. Die medienübergreifende, ihren Schwerpunkt jedoch auf Malerei und Fotografie setzende Ausstellung der Staatsgalerie Stuttgart stellt das Künstleratelier in das Spannungsfeld von Selbstreflexion und und Strategieüberlegungen und ermöglicht dem Besucher eine Forschungsreise über zwei Jahrhunderte. Sie gibt ebenso erkenntnis- wie abwechslungsreiche Einblicke in die Auseinandersetzungen mit den Umbrüchen künstlerischen Selbstverständnisses in der Moderne.

Die Hamburger Kunstalle wartet mit der imposanten Ausstellung »Müde Helden: Ferdinand Hodler – Aleksandr Dejneka – Neo Rauch« auf, die die Entwicklung der Utopie des "Neuen Menschen" im 20. Jahrhundert in den Mittelpunkt stellt. Am Anfang dieser historischen Entwicklung steht der Schweizer Maler Ferdinand Hodler. Als einer der künstlerischen Exponenten der Lebensreformbewegung gibt er dem um 1900 mit großem Pathos vorgetragenen Thema des "Neuen Menschen" in seiner Malerei künstlerischen Ausdruck. Seine großfigurigen Gemälde weiblicher und männlicher Gestalten tragen jedoch ungeachtet ihrer monumentalen Gestalt bereits jene Zeichen des Artifiziellen und Dekorativen an sich, die eine (Lebens-)Müdigkeit greifbar werden lassen. Die Ausstellung folgt dieser Thematik in den Werken des russisches Malers Aleksandr Dejneka. Bisher völlig unbeachtet blieb, wie sehr sich Dejneka in seinen Bildmotiven, wie auch in der Körpersprache und der Modellierung seiner Personen an Hodlers eurythmisch bewegten Figuren orientiert. Weiter nachgespürt wird die Thematik des müden Menschen auch in dem Werk Neo Rauchs. In bewusstem Rekurs auf Hodler und Dejneka lässt er die Figuren aus dem technischen und industriellen Milieu der 1920er und 1930er Jahre in Posen der Handlungshemmung erstarren und in absurden Zusammenhängen ins Leere laufen. Die Utopie des "Neuen Menschen" wird hier in eine Absage an die Fortschrittsgläubigkeit und an jegliche Ideologie verkehrt.

Das Jahr 2012 birgt eine faszinierende Auswahl und spannungsreiche Vielfalt. Kunst für alle, so könnte das Jahresmotto lauten. Freuen Sie sich auf namenhafte Künstler, große Ausstellungen und lassen Sie sich auf eine Entdeckungsreise durch Welt-, Zeit- und Kunstgeschichte entführen!

Diese Seite teilen

Besuchen Sie uns