Meldungen zum Kunstgeschehen

Ausverkauf der Kunst?

Seit einigen Wochen schlagen die Wellen hoch, nachdem angekündigt wurde, dass zwei Werke aus dem Besitz der Spielbank des Landes Nordrhein-Westfalen verkauft werden sollten. Nun wurde bekannt, dass auch Kunstwerke aus dem Besitz der Landesbank West-LB veräußert werden sollen. Der Ausverkauf der Kunst? Ein Kommentar von Stefanie Handke.

Nun, ich gebe zu, ich bin zwiegespalten: Erst einmal ist Kunst schlicht und einfach eine Wertanlage — und wenn ein Unternehmen — auch ein staatliches! — insolvent ist oder aber eine Möglichkeit sieht, eine solche gewinnbringend zu veräußern, kann es das ja doch wohl tun. Allzumal, wenn das gute Stück sonst im Depot verstaubt, denn davon hat ja auch niemand etwas. Ein Sammler hat sicherlich mehr Interesse daran, seine Sammlung öffentlich zu präsentieren, allein, um ihren Wert zu steigern. So ein Verkauf kann also durchaus eine Chance für das Kunstwerk sein.

Was aber, wenn es sich um Werke von kunsthistorischem Interesse handelt - und was, wenn selbst Werke, die in Museen hängen, unter den Hammer kommen? Genau das soll jetzt nämlich in Nordrhein-Westfalen passieren. Wie der WDR berichtet, soll nach dem Verkauf zweier Warhol-Bilder aus den Beständen der Spielbank des Landes im November nun auch die gesamte Kunstsammlung der ehemaligen West-LB, heute Portigon, verkauft werde. Der Grund: Infolge der Bankenkrise hatte sie schwere Verluste erlitten und wird nun abgewickelt. Zu den Auflagen, die sie erhielt, um den EU-Rettungsschirm zu nutzen, zählt auch die »Versilberung« ihres Eigentums — eben auch der Kunstwerke.

Kürzlich äußerte sich der Verband deutscher Kunsthistoriker in einem offenen Brief an die nordrhein-westfälische Ministerpräsidentin hierzu. Verständlicherweise ist der Verband entsetzt. Er befürchtet, dass nun ein Ausverkauf von Museumsbesitz beginnt und fordert, von dem Verkauf abzusehen und ruft mit einer Unterschriftenliste zur Unterstützung auf. Auch die Direktoren der Museen protestierten gegen den Verkauf.

Das ist verständlich, denn hier wird nicht mehr nur »Deko« aus den ehemaligen Räumen der Bank angeboten, sondern namhafte Werke: Unter den geschätzt 400 Werken befinden sich Arbeiten von August Macke, Joseph Beuys, Gerhard Richter, Sigmar Polke, Emil Nolde oder Pablo Picasso und Altartafeln aus dem 15. Jahrhundert sind dabei. Man kann hier durchaus von Kulturgut sprechen. Das Versprechen der Portigon, die Kunstwerke noch einmal auszustellen und erst in zwei Jahren zu verkaufen, ist da nur ein kleiner Trost.

Er mag vielleicht kein Skandal sein, dieser geplante Verkauf, denn rechtlich ist er legitimiert und verständlich obendrein. Aber es stellt sich mir die Frage, ob hier nicht ein Schritt in Richtung einer Ökonomisierung der gesamten Gesellschaft getan wird und die Kunst das erste Bauernopfer wird.

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