Buchrezensionen

Baldassarre, Ida; Pontrandolfo, Angela; Rouveret, Agnes: Römische Malerei. 2003.

Der erste Kunstraub wurde von Lucius Mummius begangen. Er entwendete, wie uns Plinius d.Ä. berichtet, dem besiegten Attalos II. von Pergamon ein Gemälde, das Dionysos und Ariadne darstellte. Gemalt hatte es Aristeides von Theben, ein Zeitgenosse des Apelles.

Dass die Römer eine besondere Vorliebe für die Kunstwerke der Griechen hatten, ist hinlänglich bekannt. Sie mussten sie deswegen nicht immer auf unlauteren Wegen in ihren Besitz bringen, in der Regel beschränkten sie sich darauf, Motive zu übernehmen oder neu zu kombinieren. Das Ideal blieb jedoch die griechische Malerei. Autoren wie Plinius d.Ä. oder Vitruv berichten ausführlich über griechische Maler, beschreiben ihre Bilder und überliefern höchst unterhaltsame Anekdoten. Dem gegenüber steht ein krasser Mangel an erhaltenen originalen griechischen Werken, welche die in den Textquellen gepriesenen malerischen Errungenschaften wirklich zeigen. Lange gab es keine andere Möglichkeit, als wenigstens zu versuchen, einen Widerschein dieser Werke aus der späteren römischen Wandmalerei abzuleiten. Erst in den letzten Jahren gemachte Funde in Makedonien, die in dem vorliegenden Buch bereits berücksichtigt sind, erlauben einen neuen Blick auf die griechische Malerei.

Die antike Malerei ist ein Feld, das die Kunstgeschichte leider allzu oft den Historikern überlässt. Zu Unrecht, wird man nach der Lektüre des prachtvollen Bildbandes feststellen müssen. Die Fresken aus der Mysterienvilla in Pompeji oder das Alexandermosaik dürften bekannt sein, doch es gibt noch weitaus mehr zu entdecken: Kühne Verkürzungen, plastische Figuren, ein raffiniertes Spiel mit Licht und Schatten, illusionistische Effekte in Perfektion – die Vielfalt der antiken Malerei überrascht immer wieder. Die Autoren führen vor, dass es sich nicht nur lohnt, die Bilder allein hinsichtlich ihres Wertes als historische Quellen zu untersuchen. Sie fragen, inwiefern ein Wandel der Bildsprache festzustellen ist, welche Rolle der Auftraggeber spielte oder inwieweit Bilder zur gesellschaftlichen Selbstdarstellung dienen konnten.

Die Qualität der Abbildungen ist dabei durchgängig hervorragend – der Erhaltungszustand einzelner Werke bekanntlich leider nicht immer, von vielen existieren nur noch Fragmente, doch mit Hilfe von Rekonstruktionszeichnungen wird zumindest versucht, einen Eindruck von ihrem früheren Aussehen zu vermitteln.

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Das Buch teilt die römische Kunst in sieben Epochen auf und gliedert sich dementsprechend in sieben große Kapitel. Die einzelnen Kapitel wiederum sind nach Regionen geordnet, was sich als sehr sinnvoll erweist, denn ein Imperium das sich, wie das römische Reich, über den gesamten Mittelmeerraum und darüber hinaus ausdehnte, war natürlich den verschiedensten kulturellen Einflüssen unterworfen. Ein interkultureller Ansatz, wie die Autoren in ihrer Einleitung betonen, ist in der Beschäftigung mit der römischen Malerei unverzichtbar. Der stärkste Einfluss, selbst noch zur Kaiserzeit, blieb freilich stets die griechische Kunst.

Im sog. ersten Stil (3. – 2. Jhdt. v.Chr.) setzt sich die illusionistische Architekturmalerei gegenüber figurativen und ornamentalen Motiven durch. Im zweiten Stil treten erste Formen der Landschaftsmalerei auf. In der Augusteischen und der julisch-claudischen Epoche entwickelt sich eine höfische Kunst. Ein weiteres Merkmal dieser Zeit sind fingierte Tafelbilder als Wanddekoration. Hauptkennzeichen des dritten Stils ist der Verzicht auf monumentale Scheinarchitekturen und die Einführung großer Wandflächen in leuchtenden Farben, die häufig im Zentrum eines großformatigen Mittelbildes figürliche Malereien zeigen. Im vierten Stil werden die gemalten Architekturen immer unstrukturierter und verlieren ihre Tiefenwirkung. Dieser Qualitätsverlust setzt sich im späten Kaiserreich fort.

Gerade die durch den Ausbruch des Vesuvs verschütteten Städte liefern uns heute ein reiches und genaues Bild von Praxis und Technik der römischen Wandmalerei. Die Namen der römischen Künstler sind jedoch – im Unterschied zu den fast legendären Künstlern des Antiken Griechenland – kaum überliefert. Ausnahmen bilden etwa Studius, der in der Augusteischen Zeit der Landschaftsmalerei neue Impulse gab, oder Fabullus, der das Domus Aurea von Nero ausschmückte.

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Das Buch berücksichtigt alle erhaltenen Bildformen. Malereien aus Grabkammern werden ebenso vorgestellt wie Wanddekorationen in Privathäusern oder Marmorinkrustationen. Detaillierte Einzelwerkanalysen finden sich eher selten. Der Bildband hat primär einführenden Charakter und präsentiert sich als eine höchst eindrucksvolle Leistungsschau der römischen Malerei. Allgemeine theoretische Überlegungen geraten bei den in rascher Folge präsentierten Werken dabei teilweise etwas kurz. Eine Karte im Anhang zeigt die wichtigsten Fundstellen. Als sehr benutzerfreundlich erweist sich das umfangreiche, thematisch gegliederte Literaturverzeichnis.

Bibliographische Angaben

Baldassarre, Ida; Pontrandolfo, Angela; Rouveret, Agnes: Römische Malerei. 2003.
Dumont Buchverlag; Auflage: 1 (25. März 2003), ; 400 Seiten
ISBN-13: 978-3832172107

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