Ausstellungsbesprechungen

Barock im Vatikan – Kunst und Kultur im Rom der Päpste II (1572-1676)

Welche Rolle und welche Wirkung die römisch-katholische Kirche noch in unserer Zeit besitzt, zeigen allein die Ereignisse des letzten Jahres und ihre mediale Verbreitung – der Tod von Johannes Paul II., die Wahl des deutschen Papstes Benedikt XVI. sowie der Weltjugendtag in Köln.

Welche Rolle Rom und der Vatikan im 16.-17. Jahrhundert gespielt haben, versucht die Bonner Ausstellung „Barock im Vatikan“ exemplarisch vorzuführen. Seit eh und je benutzten nicht nur die weltlichen Herrscher, sondern vor allem auch Päpste, Kardinäle und große Orden Kunst und Wissenschaft zu ihrer Repräsentation und Inszenierung. Die Ausstellung zeigt die wichtigsten Beispiele der Förderung durch den Vatikan, die gleichzeitig als Mittel zur Demonstration, aber auch Legitimierung der päpstlichen Macht dienten. So zum Beispiel das große Projekt des Neubaus von St. Peter.

 

Neubau des Petersdomes

 

Die Peterskirche mit dem (angeblichen) Grab des Apostels Petrus gehört zu den zentralen Heiligtümern der katholischen Kirche. Der erste Bau wurde schon von Kaiser Konstantin um 320 eingeweiht. Ab dem 15. Jahrhundert erlebt St. Peter eine wechselvolle Baugeschichte. So wurde unter Papst Julius II. im Jahre 1506 der bis heute prägende Neubau begonnen.

 

 

 Der erste Ausstellungsraum beschäftigt sich mit der komplizierten Baugeschichte und ist nach Architekten und Baumeistern gegliedert: Donato Bramante, Guiliano da Sangallo, Michelangelo, Carlo Maderno, Bernini. Das Zentrum bildet hier – räumlich wie inhaltlich – das fünf Meter hohe Kuppel-Modell, das von Michelangelo Buonarotti und Giacomo della Porta in den Jahren 1558-1561 angefertigt wurde. Die Kuppel selbst sollte später zu einem der Haupt-Symbole des barocken Roms werden.

 

Die Baugeschichte des Petersdoms sowie seine Bauphasen werden dem Besucher durch interaktive Modelle und Computeranimationen anschaulich vor Augen geführt. Diese Computerrekonstruktion entstand aus Plänen, Modellen und Dokumenten an der Technischen Universität Darmstadt. Sie soll eine visuelle Hilfe zum Verstehen des komplexen Bauprozesses bieten, der – wie es heißt – sich unter „vierzig Päpsten und vierzig Baumeistern“ hinzog.

 

Kunst in Rom und im Vatikan

 

Des Weiteren ist die Ausstellung in zwei Bereiche des kirchlichen Einflusses, Kunst und Wissenschaft, gegliedert, und innerhalb der Kunst noch einmal nach einzelnen Päpsten (von Gregor XIII. bis Clemens X.) oder Orden geordnet. Da sich der Barock laut Ausstellungsinfo besonders durch ein „Zusammenspiel von Malerei, Plastik und Architektur“ auszeichnete, werden diese Zusammenhänge auch in der Ausstellung verbildlicht. So sind neben Malerei,  Skizzen und Stichen auch Baupläne, Bücher, Möbel und Paramente ausgestellt.

 

Der Vatikan griff bekanntlich tief in die Tasche, um solch ausgezeichnete Künstler wie Annibale Caracci, Sarlo Maratti, Nicolas Poussin, Andrea Sacchi oder Francesco Borromini zu beschäftigen. Auch Gianlorenzo Bernini bekam viele wichtige Aufträge für den Petersdom – neben der Tätigkeit als Baumeister von St. Peter (seit 1629) schuf er so etwa einen Bronzebaldachin über dem Petrusgrab, die Cathedra Petri, das Grabmal für Papst Alexander VII. sowie ein Ziborium. Seiner Arbeit ist auch die Gestaltung des Petersplatzes mit dem aufgestellten Obelisk zu verdanken. Einige Zeichnungen und Bozetti in der Bonner Ausstellung verbildlichen Berninis Beitrag zum Neubau sowie zur Ausstattung des Petersdoms.

 

Auch Altarbilder von St. Peter können in der Ausstellung bewundert werden, die im Petersdom nicht mehr im „Original“, sondern durch Mosaikkopien vertreten sind – so z.B. Poussins „Martyrium des Heiligen Erasmus“ (1628-1629), das sich heute in der Pinacoteca Vaticana befindet.

 

 

Wissenschaft in Rom

 

Rom und der Vatikan waren auch als Wissenschaftszentrum von Bedeutung. Dies wird in der zweiten Ausstellungssektion mit dem Titel „Wissenschaft in Rom“ gezeigt. Sie wurde zusammen mit dem Hermann von Helmholtz-Zentrum für Kulturtechnik der Humboldt-Universität Berlin konzipiert. Zeitgenössische Dokumente sowie originale und nachgebaute Instrumente sollen die Wissenskultur Roms sowie seine zum Teil sehr fortschrittliche Rolle dokumentieren. So war die römische Accademia dei Lincei, deren Mitglied auch Galileo Galilei war, eine der ersten privaten Institutionen zur Förderung der Naturwissenschaften und damit auch ein Vorbild moderner Wissenschaftsakademien. Als ein Ziel hatte sie sich die bildliche Erfassung der Naturerscheinungen gesetzt.

 

Die Ausstellung zeigt insgesamt über 350 Kunstwerke aus verschiedenen europäischen Museen vom Vatikan bis St. Petersburg. Sie ist didaktisch gut aufgearbeitet und begleitet den Besucher mit Erläuterungen, Computeranimationen sowie detaillierten und aufschlussreichen Infotafeln.

 

„Barock im Vatikan“ entstand in einer Ausstellungsreihe, in der schon  die „Hochrenaissance im Vatikan“ thematisiert wurde. Eine weitere geplante Ausstellung soll sich der Kunst in Rom und Vatikan bis zum 20. Jahrhundert widmen.

 

 

Katalog

Barock im Vatikan. Kunst und Kultur im Rom der Päpste II.

Museumsausgabe: 29 EUR

 

Vom 12. April 2006 bis 10. Juli 2006 wird die Ausstellung im Martin-Gropius-Bau in Berlin zu sehen sein.

Weitere Informationen

Öffnungszeiten

Montags geschlossen

Dienstag bis Mittwoch 10-21 Uhr

Donnerstag bis Sonntag 10-19 Uhr

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