Ausstellungsbesprechungen

Bazonnale 02 „AFGHANISTAN“, KET Weimar, bis 31. Oktober 2010

Wie geht man mit einem Problemkrieg um, der zudem tabuisiert wird? – Durch die Feststellung des eigenen Unvermögens. 175 internationale Künstler haben in 400 Werken beispielhaft dargestellt, wie sie sich mit »Afghanistan« auseinander gesetzt haben. Rowena Fuß hat sich die eindringliche Ausstellung angesehen.

Laut Bazon Brock ist der Versuch, ein Problem zu lösen, an sich schon zum Scheitern verurteilt. Je mehr man sich mit einem Problem beschäftigt, desto komplexer wird es. Demnach schafft man sich so nur Probleme, die kleiner sind als das Ausgangsproblem. Eine Lösung besteht in dem Erkennen des eigenen Unvermögens. Das Prinzip der Gleichheit beruht, so Brock, auf einem Nicht-Wissen, Nicht-Können und Nicht-Haben aller. Keiner kann den Afghanistan-Krieg lösen. Die Bazonnale 02 versteht sich daher als Beispielgeber und nicht als Vorbild für die Bewältigung des Afghanistan-Problems. Quasi als ein Aufruf, sich auf ein unlösbares Problem einzulassen und zu schauen, wie andere damit umgehen.

Afghanistan wird in den Medien meist stereotyp dargestellt. Die Wörter »Taliban«, »Burka« und »Anschlag« finden sich in fast jedem Bericht. Viele Künstler haben sie daher zu Motiven ihrer Bilder gemacht. Gabriele Klimek zum Beispiel. Ihr Gemälde »In Front of my door, 2010« zeigt eine Frau in einer goldenen Burka auf der Treppe eines Hausflures sitzend. Neben ihr befinden sich zwei Notizzettel, die auf die Leinwand geklebt wurden. Auf ihnen steht einmal „Ihr unsichtbarer Blick folgt dir überall hin“ und „Maria mit Kind“.

Am eindringlichsten sind drei Plastiken von Claudia Katrin Leyh gleich gegenüber dem Halleneingang. Es handelt sich um drei verhüllte Frauen. Vor ihnen befinden sich drei Körbe voller Steine und hinter ihnen jeweils ein an die Wand gespraytes Visier. Der Titel ist »Scharia«. Der Begriff wird im heutigen Sprachgebrauch für „islamisches Recht“ verwendet, bedeutet im engeren Sinne jedoch ein gottgegebenes, vollkommenes Gesetz, das nicht von Menschen gemacht und daher nicht hinterfragbar ist. Nach diesem Recht ist das dargestellte Steinigen von Frauen die Strafe für Ehebruch und Unzucht.
Das Visier hinter den Frauen scheint den Brennpunkt, den Frauen im Islam darstellen, zu symbolisieren. Aber auch in Deutschland stehen sie im Zentrum zahlreicher Kontroversen wie dem Kopftuch-Verbot. So sind es immer wieder muslimische Frauen, die im Zentrum der allgemeinen Auseinandersetzung und des allgemeinen Urteils stehen, wie es auch hier geschehen ist.

Einige Werke setzen sich mit Deutschland und dem Thema Krieg auseinander. Inmitten der rechten Hallenhälfte steht »Wie tötet man Gewalt« von Bernhard Petz. An einem Holzgestell hängt eine riesige Piñata, die mit Bildern von Hitler, Hussein, lachenden Soldaten, Frauen mit Kopftüchern und Waffen und sogar mit dem Foto eines Stadtskeletts aus dem 2. Weltkrieg beklebt ist. Statt Süßigkeiten kommen jedoch Filmbänder aus dem Bauch des Ungetüms. Einmal zerschlagen, symbolisieren das herabfallende Obst und die Süßigkeiten normalerweise den Segen für alle Teilnehmer. Der Stock, der zum Schlagen benutzt wird, symbolisiert die Kraft, die Gott gibt, um das Böse zu bekämpfen, die verbundenen Augen den Glauben. Bei Petz werden die Bilder des Krieges stattdessen zu einem Film. Was ein Segen sein sollte, wird zum Fluch.

Konkreter wird dies an »Heimtragung« von Karin Rindler. Ihr Bild zeigt einen Mann, der einen zweiten trägt. Dieser hat einen Kopfschuss, von dem das Blut in Form der deutschen Flagge hervorspritzt und Symbol für die vielen deutschen Soldaten ist, die bereits in Afghanistan gefallen sind und nur noch tot wieder heimkehren.

»Irak I, 2008« von Susanna Storch am Hallenende gehört inhaltlich scheinbar dazu. Es zeigt eine junge Europäerin, die sich mit geschlossenen Augen und Händen auf den Ohren an eine Wand lehnt und schreit.

Fazit: Die Auseinandersetzung mit dem Krieg in Afghanistan hat Werke hervorgebracht, die in jedem einzelnen Fall zum Nachdenken anregen, teilweise sogar erschüttern. Lassen Sie sich die Gelegenheit nicht entgehen und machen Sie sich selbst ein Bild über den Tabu-Krieg!

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