Ausstellungsbesprechungen

Beauty is a rare thing – Gunter Wessmann, Städtische Galerie Ettlingen, bis 20. Mai 2012

Wie ein freies Improvisationsspiel erscheint die Farbe mal pastos, körperhaft oder sinnlich in den Werken von Gunter Wessmann. Die Verwendung von Aluminiumplatten als Malgrund, die die Farbe nicht einsaugen und verändern, sondern sogar erhaben präsentieren, verleiht ihnen überdies zuweilen einen schimmernden Glanz. Günter Baumann hat sich auf die Suche nach dieser Schönheit begeben.

Die Gemälde von Gunter Wessmann treten mit einer Grandezza auf, die an sich schon in ihrer Präsenz wirkt – das macht deren Inszenierung innerhalb einer Ausstellung umso leichter: Der rein formal großartige Schwung, mit dem die Farbspur über den Malgrund geführt ist, weckt den Eindruck, als hätten sich die Pigmente eben erst zur Schau bereitgestellt. Verstärkt wird diese subjektive Wahrnehmung zum einen in der sinnlich-räumlichen Begegnung, wenn der Betrachter den Türrahmen – der indirekt zumindest auch die gegenüber hängenden Arbeiten rahmt – durchschreitet und er zum anderen zu ahnen beginnt, dass die Farben ihre Strahlkraft nicht allein jenen Pigmenten, sondern auch der Aluminiumplatte zu verdanken haben, auf denen sie sich imposant verbreiten. Es gibt keine Leinwand, die auch nur den hintergründigsten Glanz aufsaugen könnte, die Metallplatte scheint die Leuchtkraft der Farbe noch zu beflügeln.

Das Museum in Ettlingen widmet dem Künstler eine beeindruckende Ausstellung, die besonders sein Werk der letzten beiden Jahre präsentiert. Der Titel der Werkschau, »Beauty is a rare thing«, ist einem Album des Free-Jazz-Pioniers Ornette Coleman entlehnt und gilt symptomatisch für Wessmanns reine Malerei, die gestische Dynamik mit sphärischen Dimensionen vereint – dem Titel begegnet man auch in einem Bild aus dem Jahr 2011.

Der 1960 in London geborene Gunter Wessmann, der nach dem Besuch einer Kunstschule in Mannheim und dem Kunststudium in Karlsruhe (bei Harry Kögler, Helmut Dorner, Max Kaminski) und Wien (bei Arnulf Rainer) im badischen Raum auch heimisch wurde, geht zwar von realen Wahrnehmungen aus – sein fotografisches Werk, das sich insbesondere der Landschaft verschrieben hat, ist beachtlich – , doch überführt er seine stimmungsvollen Eindrücke in ein abstraktes Farbenspiel, das unmittelbar so pastos gesättigt wie sinnlich angefüllt wirkt. Das Ergebnis ist sozusagen eine bildgewordene Musik. Und was hat es mit der seltenen Schönheit auf sich? Die abrupt einsetzenden, ineinander übergehenden, bewusst abschmierenden, sich in den Bildgrund hineindrehenden, fächerähnlich kreisenden Farbbahnen geben die Parole vor: Wir sind auf der Suche nach Schöheit. Und die Positionen, die uns Gunter Wessmann bietet, – mal im hitzigen Rot und Gelb, mal im unterkühlten Blau oder im hier- und dorthin neigenden Lila-Ton – kommen dem Ziel nahe.

Die in der Regel englischen Titel unterstreichen die Klangfärbung der Farben, sie reichen vom »Northern light« bis zum »African red, yellow and blue« oder zu »Sun burned«, greifen nach Höherem (»Cosmos«) oder bleiben dem Alltag verpflichtet (»How to sail«) – wirklichen Zweifel an der Vollkommenheit und mithin Schönheit des Daseins lassen sie kaum aufkommen, das bezeugen Titel wie »A perfect day, Elise«. So changieren die Arbeiten zwischen Informel und lyrischer Abstraktion, lassen aber Assoziationen mit konkreten Bezügen offen: »Donauschule« etwa, ein älteres Bild von 2001, legt nicht von ungefähr Fährten in die tradierte Kunstgeschichte.

Wessmann erfindet die Welt nicht neu, aber seine radikale Übersetzung der Natur in reine Kunstformen gehen nie ins Beliebige. »Seltene Erden« von 2011, ein poetisches Bild im flimmerigen Zusammenspiel von Licht und Erde, steht stellvertretend für die Gegenwärtigkeit jener für heutige Augen außergewöhnlichen und im Farbrausch irritierenden Anmut, die ihrerseits die Augen vor der Bedrohtheit und Fragilität unserer Erde nicht verschließt.

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