Ausstellungsbesprechungen

Bettina van Haaren – Partikel und Membranen. Malerei und Zeichnungen. Kunstverein Eislingen, bis 11. Oktober 2009. Stadtmuseum Beckum, 29.11.2009–10.1.2010. Kunsthalle Erfurt, 18.7.–29.8.2010

Die Ausstellung mit Arbeiten von Bettina van Haaren kam über Koblenz nach Eislingen, wo sich die Künstlerin längst nachhaltig platziert hat.

Die 1961 in Krefeld geborene Professorin für Zeichnung und Druckgrafik in Dortmund lebt dort und in Witten, ist im künstlerischen Stallgeruch der Neuen Gruppe in München zuzuordnen. Aber mit ihrer Teilnahme bei der ersten Biennale der Zeichnung 2004, mit der der Kunstverein Eislingen sich im internationalen Feld profilieren konnte, hat sie ihre Spuren hinterlassen als eine der ganz wichtigen kreativen Meinungsbildnerinnen der Gegenwart. Markanter Charakterzug ihres Werks ist die Symbiose von malerischen und zeichnerischen Elementen, mit denen Bettina van Haaren eine Körperlichkeit auslotet, wie es kaum eine andere Künstlerin, kaum ein anderer Künstler vermag. Im realistischen Treiben der momentanen jungen Kunst, insbesondere der Malerei, fällt der innovative Ansatz Van Haarens auf: Formal einer Collage vergleichbar, setzt die Künstlerin inhaltlich auf nahezu narrative Traumsequenzen im autobiographischen Raum. »Meine Arbeiten«, so schrieb sie, »sind Selbstbilder, weil ich über mich und meine Körpererfahrungen am meisten sagen kann. Ich versuche, mich mit unterschiedlichen formalen Ansätzen unbekleidet wahrzunehmen, Teilaspekte schonungslos offen zu erkunden, mich zu bestimmen, zu befragen und ein Verhältnis zum Körper herzustellen.« Mehr als die Illustration oder die Imitation des Wahrgenommenen bevorzugt Van Haaren die Praxis des Überprüfens, des Erinnerns und Erfahrens. Ganz wichtig ist darüber hinaus: »Die Erkundung der Welt« – auch des eigenen Körpers – »hat viel mit sensorischen Reaktionen zu tun und daneben immer wider mit einer reflexiven Distanz durch die Form und auch bildnerischen Witz«. Mit der zeichnerischen Erkundung der Welt tritt die Künstlerin in die Fußstapfen des anderen großen Krefelders, Joseph Beuys, aber dank des angesprochenen Witzes geht sie gleichsam über diesen hinaus. Die Kunst Bettina van Haarens geht auch unter die Haut, im wörtlichen Sinne, denn in ihrer Selbsterkundung – und nur diese führt letztlich zur Welt-Anschauung – erfährt sie die Körperlichkeit über Partikel und Membranen, wie der Titel der Ausstellung verrät. Wenn wir dabei von einer oberflächlichen Kunst reden, ist das nicht abwertend gemeint, im Gegenteil: Diese Oberfläche, nennen wir sie Membrane oder Haut, ist die abenteuerliche und mitunter schmerzliche Schnittstelle zwischen außen und innen.

Weitere Informationen

Öffnungszeiten:
Dienstag bis Samstag 16 bis 18 Uhr
Sonn- und Feiertag 14 bis 18 Uhr

Katalog
Beate Reifenscheid / Kai Uwe Schierz (Hrsg.): Bettina van Haaren. Partikel und Membranen. Freiburg i. Br.: Modo Verlag, 2008.
ISBN 978-3-86833-003-8

 

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