Kolumne

Blickwinkel #4: Krieg durch Kunst?

Pünktlich zum Halbzeitbericht des deutschen Verteidigungsministers de Maizière über die Bundeswehrreformen beschäftigt sich Raiko Oldenettel mit einem dubiosen Pas de Deux: Krieg und PR.

Die Bundeswehr hat ein fundamentales Problem, was den Erwerb von neuen Kräften anbelangt. Sie sind, so interne Ergebnisse, nicht freundlich und attraktiv genug. Das muss geändert werden. Adé kahle Betonklötze der Kreiswehrersatzämter, ciao Wartezimmer aus der Ära PVC und Styroporplatten. Nein, die Bundeswehr setzt neue Werbung und Medien ein. Mit Facebook, Bundeswehr-Camps und großen TV-Kampagnen wie in den USA, auch hochglanzpolierten Auftritten in der Bravo. Doch worüber sich seit längerem groß echauffiert wird ist keine schleichende Bewegung. Krieg wurde seit jeher beworben – für die jeweilige Seite versteht sich.

Anhand der Verarbeitung durch zeitgenössische Künstler erleben wir Schrecken und Ehre von Schlachten und Trommelfeuer neu. Ob nun mit an der Front, aus nachträglichen Berichten, oder vollkommen der Fantasie entsprungen. Das lässt im richtigen Konsumenten Mars´ Feuer entbrennen. Ein schönes Beispiel dafür ist der Umgang mit der politisch weit reichenden Belagerung von Breda im Jahr 1624/25. Im Auftrag der Infantin von Spanien machte sich, einige Jahre nach der Eroberung durch die spanischer Armee unter ihrem Feldherrn Spinola, der Künstler Jacques Callot daran, Bredas heikle Situation einzufangen. Und was für ein Werk er dabei schuf! Eine monumentale Gesamtschau, bestehend aus vielen kleinen Karten. Er beugt sowohl die Zeit, als auch die Perspektive um möglichst viel vom Geschehen darzustellen. Neue humanistische Werte eines Feldherrn im Vordergrund, im Mittelgrund das politisch Relevante der Einnahme und Übergabe, dann ein flach abfallender, ins Endlose driftender Horizont. Man könnte sagen, es handelt sich dabei um den Star-Schnitt einer Belagerung. Die Karte wurde zur Werbung, die an alle Höfe Europas ging. Denn auch die spanische Krone hatte, wie die Bundeswehr heute, das Problem, ihr Vorgehen zu rechtfertigen.

Die Gesinnung gegenüber dem Thema Krieg an sich geriet durch Konfessionsquerelen ins Wanken. Und auch Bredas Übergabe an Spinola wandelte ihr Gesicht. Durch Diego Velázquez, viele Jahre nach der Belagerung, wurde aus dem sittlich einwandfreien Kriegserfolg eine demütige Anerkennung der Leistungen des Feindes, quasi eine Degradierung. Eine Image-Kampagne, die kaum Nachahmer fand. Doch die Debatte wurde stets weiter geführt. Bis heute. Krieg und seine Leistungen in der Technologie, seine Rechtfertigung im Dienste der Menschheit und ihrer Sicherheit. Was uns durch dieses Durcheinander begleiten wird, ist die Werbung.

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