Ausstellungsbesprechungen

Brücke, Bauhaus, Blauer Reiter – Schätze aus der Sammlung Max Fischer, Staatsgalerie Stuttgart, bis 20. Juni 2010

In der Privatsammlung des Stuttgarter Unternehmers Dr. Max Fischer (1886-1975) sind hochkarätige Kunstwerke der Klassischen Moderne vereint. Die Staatsgalerie zeigt nun erstmals die Höhepunkte der Sammlung unter dem Titel »Brücke Bauhaus Blauer Reiter – Schätze der Sammlung Max Fischer«. Herausragende Werke von Künstlern wie Ernst Ludwig Kirchner, Franz Marc, August Macke, Erich Heckel, Emil Nolde, Paul Klee, Oskar Schlemmer, Edvard Munch und Max Beckmann sind zu entdecken.Kurzentschlossene können dieses Wochenende noch die interessante Ausstellung besuchen. Unser Autor Günter Baumann hat sie für Sie rezensiert.

Die Stuttgarter Staatsgalerie hat schon aus so mancher finanzieller Not eine Tugend machen müssen, was nicht immer in der Öffentlichkeit auffiel, zuweilen nicht glücklich kommuniziert wurde und bei etlichen Kunstbeobachtern mit Sorgenfalten auf der Stirn zur Kenntnis genommen wurde, weil das Stadtmuseum in die Bresche sprang, wo es selbst ganz andere Aufgaben hat wie die Staatsgalerie. So könnte man denn die dem Ende zugehende Ausstellung der »Schätze der Sammlung Fischer« mit den Schwerpunkten Brücke, Blauer Reiter und Bauhaus als Glücksfall ansehen – die Sammlung ging als Dauerleihgabe an das Haus, womit die Staatsgalerie einmal mehr aus den eigenen Beständen schöpfen konnte. Das ist allerdings kein Grund, um nach der öffentlichen Präsentation zur Tagesordnung überzugehen, denn diese Schau ist mehr: Wenn auch die Sammlung dem Vernehmen nach großteils auf Spontankäufen beruht, gehört sie zu den schönsten ihrer Art im deutschen Südwesten – angesichts der lebhaften Sammlerdichte ein Posten, der über die Ausstellung und über die regionalen Grenzen hinaus Beachtung verdient.

Die rund 180 der insgesamt mehr als 250 Arbeiten, die aktuell gezeigt werden, sind wahre Augenweiden. Max Fischer (1886–1975) begann seine Sammlung mit Graphiken insbesondere aus dem weiteren expressionistischen Umfeld (von Beckmann bis Pechstein), weitete seine »Funde« auf die Malerei aus: Dort steig er sogleich mit Schlemmer ganz oben ein, kam über den Umweg Hofer und Kokoschka zum Kern des Expressionismus zurück – mit Blick auf die Brücke-Maler und die Gruppe des Blauen Reiters. Seine ästhetische Wahrnehmungsgabe war offenbar einzigartig. Vielleicht holte er sich eine gesunde Durchlüftung als olympiatauglicher Skispringer. Mit welcher Frische sich etwa Ernst Ludwig Kirchner – mit über 110 Arbeiten ein Glanzposten der Sammlung – zu der gegenwärtige Kirchner-Mania beigesellt, spricht für den Wert der Bilder. Die schönsten Stücke in Stuttgart sind wohl die Arbeiten von Erich Heckel, Lyonel Feininger, Paul Klee, Edvard Munch und Alexej von Jawlensky. Dabei musste der in Tübingen geborene Unternehmer gar nicht weit reisen: Seine Anlaufstellen waren das Stuttgarter Kunsthaus Schaller und später das Kunstkabinett von Norbert Ketterer, ebenfalls damals in Stuttgart. Die lokale Verbundenheit führte wohl auch dazu, dass die Erben Fischers 2008 den Bilderschatz als Leihgabe an die Staatsgalerie übergaben.

Mit dem Ende der Ausstellung werden die Arbeiten daher nicht in alle Winde zerstreut, sondern werden die ohnehin bedeutende Abteilung der Klassischen Moderne in der Staatsgalerie Stuttgart durchwandern, beleben und trefflich ergänzen. In der Gesamtschau wird die Sammlung zwar nicht dauerhaft gezeigt werden können, doch darf man darauf hoffen, die besten Gemälde im zugänglichen Bestand wieder zu treffen. Ansonsten bleibt auf jeden Fall auch noch der fulminante Katalog, der nicht zuletzt wegen der auch im Abdruck faszinierenden Grafiken zum Vergnügen gereicht.

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