Das Fotobuch soll Thema der Tagung am Zentralinstitut für Kunstgeschichte sein. Von Beginn an wurden Fotografien mit Vorliebe in Alben und Büchern veröffentlicht. Jedoch sind hier immer noch Fragen offen: Zur Produktion seit Mitte des 20. Jahrhunderts, zu Inhaltsvermittlung und Entstehungsbedingungen, Rezeption und und und. Doktoranden und Nachwuchswissenschaftler aus der Kunst-, Kultur-, Bild- und Medienwissenschaft sind aufgerufen, ihre Themen zu präsentieren. Einsendeschluss für Abstracts: 15. Mai 2014.
Fotografie im Buch spielt seit ihrer Erfindung eine zentrale Rolle in der Entwicklung und Vermittlung einer visuellen fotografischen Kultur. Seit dem 19. Jahrhundert fanden Fotografien ihre weiteste Verbreitung in Alben, Portfolios und Büchern, zunächst als originaler Abzug und später in qualitativ immer hochwertigeren Reproduktionen. Heute noch nehmen wir Fotografien hauptsächlich über deren Reproduktionen in Zeitschriften, Magazinen und nicht zuletzt in Büchern wahr, zunehmend auch in digitalisierter Form.
Angesichts der immensen Bedeutung und Popularität der gedruckten Fotografie ist es umso erstaunlicher, dass bis heute noch wesentliche Fragen über das Fotobuch offen sind. So besteht ein Bedarf an weiterführenden wissenschaftlichen Untersuchungen, welche nach der spezifischen Form der Inhaltsvermittlung fragen und Fotobücher im Feld ihrer Entstehungsbedingungen, intendierten Rezeptionsweisen und jeweiligen Funktionen untersuchen. Die Disziplin der Kunstgeschichte ist es zwar gewohnt, in Büchern abgebildete Fotografien zu betrachten. Sie tendiert aber nach wie vor dazu, deren materielle Präsenz als Objekt und ihre spezifische Veröffentlichung in Form eines Buches, eingereiht in eine Folge von Bildern und Texten, zu vernachlässigen.
Zu den am besten erforschten Gebieten der Publikation von Fotografie in Buchform zählen bis dato die Frühzeit der Fotografie in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts sowie die Avantgarde der 1920er und 1930er Jahre in Europa und den USA. Ausgehend von der Ausrichtung des Studienzentrums zur Moderne und den Beständen der Bibliothek am Zentralinstitut für Kunstgeschichte in München, die erst kürzlich durch die Schenkung des Fotografen Stefan Moses eine wichtige Erweiterung erhielt, legt die Tagung einen Schwerpunkt auf die Fotobuchproduktion seit den 1940er Jahren, ohne jedoch die Kontinuitäten und Brüche zu »klassischen« Epochen des Fotobuches aus dem Auge zu verlieren.
Im Vordergrund der Tagung steht das Fotobuch als Medium ästhetischer Artikulation, in dem sich die Interessen der Bild- und Textautoren, kulturhistorische Kontexte, gesellschaftliche und politische Agenden, die materielle Besonderheit von Präsentation und Rezeption als Buch, dessen haptische Qualitäten und spezifischen Narrationsformen sowie die jeweiligen Produktionsbedingungen niederschlagen. Neben Einzelanalysen von Fotobüchern wird die Tagung Entwicklungslinien nachzeichnen und die einzelnen Forschungsgegenstände in Beziehung miteinander setzen.
Gerade in Hinblick auf Fotobücher seit den Vierziger Jahren ergeben sich zahlreiche spannende und bislang nur wenig erforschte Fragestellungen, die in der Tagung breiteren Raum finden können. Dazu zählt das Verhältnis von Fotobuch und Fotojournalismus, das Fotobuch als Leitmedium der aufkommenden Autorenfotografie in den Fünfziger Jahren und die Entwicklung des subjektiven Fotobuchs oder visueller Erzähltechniken des »stream of consciousness«. Welche Entwürfe von Geschichte oder nationaler Identität werden über Fotobücher kommuniziert – beispielsweise in den Büchern der Trümmerfotografen oder Kriegsberichterstattern, die nach Ende des Zweiten Weltkrieges in großer Zahl veröffentlicht wurden, aber auch in zahlreichen national ausgerichteten Bildbänden über Landschaften und Städte zu Tage treten? Welche Rolle spielt das Künstlerbuch als Medium der Kritik an der Massenkultur und wie gestaltete sich das wechselseitige Verhältnis von konzeptueller Kunst und Fotobuch in den Sechziger und Siebziger Jahren? Auch die Materialität des Fotobuchs und dessen Veränderung seit dem Aufkommen der Digitalisierung bilden einen lohnenswerten Diskussi-onsbereich. In welchem Verhältnis steht das Fotobuch zum Medium der Ausstellung, wie wird es selbst in Aus-stellungen oder Publikationen rezipiert? Abschließend gilt es zu überdenken, ob und in welcher Form medien-spezifische Aspekte der Fotografie wie Indexikalität oder Authentizitätsversprechen in Fotobüchern eine Rolle spielen.
Die Tagung richtet sich schwerpunktmäßig an DoktorandInnen und NachwuchswissenschaftlerInnen aus den Kunst-, Kultur- , Bild- und Medienwissenschaften und will ein Forum bieten, neue, frische Perspektiven auf das Fotobuch zu entwickeln, zu diskutieren und in Beziehung zu setzen. Auf diese Weise soll der Austausch und das Netzwerk der ForscherInnen, die sich im deutschsprachigen Raum mit dem Fotobuch beschäftigen, gestärkt und dem Forschungsgegenstand mehr Sichtbarkeit verliehen werden.
Abstracts (max. 300 Wörter) für einen 30 minütigen Vortrag und ein kurzer Lebenslauf werden bis zum 15. Mai 2014 per E-Mail erbeten an: fotobuch@zikg.eu
Ein Zuschuss zu Reise- und Übernachtungskosten ist vorgesehen.
Bei Fragen kontaktieren Sie bitte das Organisationsteam unter fotobuch@zikg.eu.
Konzeption und Organisation:
Prof. Dr. Burcu Dogramaci (Projektmentorin), Désirée Düdder, Stefanie Dufhues, Ann-Katrin Harfensteller, Maria Schindelegger, Anna Volz
Gefördert vom Bayerischen Staatsministerium für Bildung und Kultus, Wissenschaft und Kunst im Rahmen der Kooperation von Zentralinstitut für Kunstgeschichte und Ludwig-Maximilians-Universität München