Call for Papers

Call for Papers: Ist Kunst widerständig? vom 25. bis 27. Oktober 2018 in Frankfurt am Main

Nicht erst seit dem Arabischen Frühling, als Street Art etwa in Ägypten zum Ausdruck einer politischen Bewegung wurde, bewegen sich Künstler am Rande des politischen Widerstands oder greifen aktuelle politische Ereignisse zumindest kritisch auf. Ein Workshop des Kunsthistorischen Institut der Goethe-Universität Frankfurt am Main und des Zentralinstituts für Kunstgeschichte wird sich diesem spannenden Thema widmen. Einsendeschluss für Abstracts: 15. Mai 2017.

Jacques Rancière hat in seinem Vortrag »Si l’art résiste à quelque chose?« (2004) erneut eine Diskussion angestoßen, die in die Zeit der Studentenrevolution von 1968 zurückreicht. Deren 50. Jahrestag soll Anlass sein, sich der Frage nach dem Widerstandspotential der Kunst zuzuwenden, das besonders Theodor W. Adorno in seinen Frankfurter Vorlesungen zur Ästhetik und in seiner unvollendeten Ästhetischen Theorie (1970) behandelt hat, auf der Grundlage der zusammen mit Horkheimer verfassten Dialektik der Aufklärung. Es ist nach der kunstwissenschaftlichen Rezeption Kritischer Theorie und generell nach Ansätzen zu fragen, die sich gesellschaftskritischen und utopischen Dimensionen der Kunst gewidmet haben – und widmen.

Der Workshop versteht sich in diesem Kontext als Initiative zu einer Reflexion der Methoden kunsthistorischen Arbeitens im Gesamtfeld der Geisteswissenschaften. Philosophische und soziologische Perspektiven können fruchtbar gemacht werden, um den durch bildwissenschaftliche und kontextorientierte Ansätze zum blinden Fleck der kunsthistorischen Forschung gewordenen Begriff der Kunst wieder in den Blick zu nehmen. Wieder in die Diskussion einzuführen ist die Idee der Autonomie von Kunst, die Adorno wie Rancière als Grundbedingung ihrer Widerständigkeit gegen das gesellschaftlich Gegebene verstehen, während die Kunstwissenschaft nach 1968 ihr Augenmerk primär auf die soziale Bedingtheit der Kunst richtete und den Autonomiegedanken als reaktionären verwarf. Unterschiedliche Kritikauffassungen sollen miteinander in Dialog gebracht werden, sowohl in ihrer Beziehung auf Kunstgeschichte und Kunstkritik als auch in Bezug auf das Kunstwerk, das nicht zuletzt als Reflexion seiner selbst politisch sein kann. Es sind entsprechend theoretisch qualifizierte Beiträge erwünscht, die sich zugleich auf konkrete Objekte oder Objektgruppen beziehen, ob aus tradierten Gattungen, zeitgenössischen Kunstformen, Fotografie und Film oder Neuen Medien.

Die Struktur des Workshops orientiert sich an der historischen Zäsur zur sog. Postmoderne. In einem ersten Abschnitt sollen die Nachwirkungen der 68er Bewegung und die Rezeption der Frankfurter Schule und ihres Umfelds im Zentrum stehen. Mögliche Themen lauten: Wie stellte sich der von Martin Warnke 1970 initiierte Aufbruch in eine »kritische Kunstwissenschaft« zu Adorno, Horkheimer und der Tradition einer kritischen Ästhetik, die Namen wie Kant, Hegel, Marx, Nietzsche, Lukacs, Simmel und Benjamin verzeichnet? Auf welche kunsttheoretischen und soziologischen Grundlagen stützt sich die Auseinandersetzung mit der Rolle der kunsthistorischen Disziplin im Nationalsozialismus? Inwiefern eignete sich die Kunstgeschichte, die den Diltheyschen Begriff der Weltanschauung präferiert hat, den Begriff der Ideologie an? Welchen politischen Stellenwert hatte die Lagerbildung zwischen einer sozialgeschichtlich ausgerichteten Ikonologie und der formalistischen Tradition? Wie verhält sich die Erweiterung des kunsthistorischen Gegenstandskanons auf die Massenmedien im Sinne einer politischen Ikonografie zu Adornos und Horkheimers Kritik an der Kulturindustrie? Inwiefern verbindet sich die mediale Ausweitung künstlerischer Verfahrensweisen mit der Intention, gesellschaftliche Realität aufzudecken und kritisch zu reflektieren?

Der zweite Teil des Workshops richtet sich vor allem auf Kunst und Theorie der Postmoderne und Gegenwart mit der Frage, inwiefern das Erbe von 1968 von Philosophie, Soziologie und Kunstwissenschaft aufgenommen, revidiert und/oder transformiert worden ist. Jeff Koons hat mit seinem Artforum-Statement »Criticality Gone!« 1987 zwar vermeintlich das Ende dieser Tradition verkündet, doch von dem Weiterbestehen einer künstlerischen Auseinandersetzung mit den Fetischen der Warengesellschaft zeugt nicht zuletzt sein Werk. Thema könnte auch in diesem Teil die Frage nach dem Ideologiebegriff sein, und zwar in seiner für die französische Theorie bedeutsamen Variante von Althusser. Nachzuvollziehen und zu diskutieren wäre im Zusammenhang der Abkehr von Adornos Ästhetisher Theorie die Rezeption der Philosophie Kants zum Beispiel bei Francois Lyotard. Welche methodischen Anregungen gehen für eine kritische Kunstwissenschaft von der Psychoanalyse Lacans, von Semiotik und Poststrukturalismus (Foucault, Derrida, Barthes, Deleuze) aus, etwa im Hinblick auf die Kritik von Macht und des Subjekts? Welche kunsthistorischen Arbeitsfelder eröffnen sich durch die von W. F. Haug 2009 erneuerte Kritik der Warenästhetik und ihre aktuellen Revision? Aufnahme verdiente auch die interdisziplinäre Diskussion um Benjamins Fragment zum ‚Kapitalismus als Religion‘ (1921).

Konzeption: Prof. Dr. Regine Prange (Frankfurt a. M.) & Prof. Dr. Christine Tauber (München)
Veranstalter: Kunstgeschichtliches Institut, Goethe-Universität Frankfurt am Main und Zentralinstitut für Kunstgeschichte, München
Tagungsort: Frankfurt am Main
Tagungssprache ist deutsch.

Themenvorschläge für Vorträge von maximal 35 Minuten im Umfang von rd. 3000 Zeichen und ein kurzer akademischer Lebenslauf werden erbeten bis zum 15.5.2017 an: widerstand2018@zikg.eu

Weitere Informationen: www.zikg.eu/aktuelles/nachrichten/call-for-papers-ist-kunst-widerstaendig

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