Der Promotionsbereich der HfG Offenbach am Main veranstaltet mit Unterstützung der AICA (Association Internationale des Critiques d’Art) Deutschland e.V. eine Tagung im Frankfurter Kunstverein. Diese widmet sich der Frage wie sich die Kunstkritik im Zuge der Digitalisierung und vor allem der digitalen Vernetzung verändert hat bzw. verändern muss. Einsendeschluss für Abstracts: 27. Juni 2016.
Das Internet stellt einen umfassenden Nicht-Ort dar, an dem das Verhältnis von Kunst und Ware durch massenhafte Verbreitung von Reproduktionen immer undurchsichtiger wird. Betrachtet man z. B. das DISmagazine als Ort des von Künstlern selbst stark geprägten Diskurses, stößt man auf eine Überfülle an Inhalten, die die Kunst rahmen, ohne sie zu kontextualisieren. Über die Präsentation von Kunst, Konsumprodukten und kritischen Essays in unmittelbarer Nachbarschaft zueinander wird hier nicht nur eine Aufklärung über bestimmte Produktionsvorgänge in der post-digitalen Gesellschaft verfolgt, sondern genauso die Lust am individuellen Zusammenstellen von Bildern und Texten zelebriert. Unterschwellig wird damit wiederum eine Logik der mass customization wirksam, in der oberflächliche Anschlussfähigkeit eines Bildes wichtiger scheint als die komplexe Einbettung eines Werks in vielfältige, sich eben nicht von selbst erschließende kulturelle Zusammenhänge.
Verbreitet sich Kunst über Facebook-Profile, tumblr-Blogs, Onlinemagazine usw., steigt mit ihrem Bekanntheitsgrad auch der Vermittlungsbedarf. Dass Abbildungen von Kunstwerken in unterschiedlichen Kontexten verlinkt werden, scheint nur auf den ersten Blick einen freieren Zugang zu ihnen zu fördern. Da ihre Vielzahl an Bezügen zum Kunst- und Internetkontext oft ungeklärt bleibt, laufen die Arbeiten Gefahr, eine distanzierende Undurchsichtigkeit zu entwickeln. Immer drängender stellt sich die Frage, ob es sich bei den online verbreiteten Bildvarianten überhaupt noch um Reproduktionen handelt oder um einzelne Momente eines ‚verstreuten Originals’, das nur als Netz aus verschiedenen Bezügen und Perspektiven zu erfassen ist.
Gleichzeitig ist zu beobachten, dass die Rolle des Kritikers als eines Experten, der über Einordnungen und Wertungen bestimmten Werken langfristig Aufmerksamkeit verschaffen könnte, umso häufiger Ablehnung erfährt, je mehr sich die Kunst dem Populären zuwendet. Zielt ein Werk, zumindest dem ersten Blick nach, vorrangig auf Überraschung und Unterhaltung, scheint es jedem Betrachtenden selbst zu obliegen, diesem mehr oder weniger Aufmerksamkeit zu schenken und zu beurteilen, welche Bedeutung es in dieser individuell erfahrenen Situation für ihn hat.
Unter Kritikern wiederum hört man immer wieder die Beschwerde, die Unterscheidung, ob man es gerade mit einem Kunstwerk oder einem Konsumartikel zu tun habe, werde zunehmend erschwert – nicht zuletzt aufgrund des Eifers, mit dem in beiden Sphären, in der Kunst wie in der Produktwerbung, in Ausstellungsdisplays und Warenauslagen, immer neue Variationen des bereits Vorhandenen erstellt werden. Auch der Verfall der Kunstkritik zur bloßen Serviceleistung, die beliebige Kunstwerke in ansprechende Produktbeschreibungen oder unterhaltsame Kurznachrichten verpackt, wurde in diesem Zusammenhang häufig konstatiert.
Die Tagung »Newsflash Kunstkritik« widmet sich der Frage, wie man schreibend einer Kunst begegnen kann, die sich, explizit oder implizit, über ihre Vernetzung im Analogen und insbesondere Digitalen definiert. Thematisiert werden können unter anderem Aspekte der Erscheinungsweise von Kunstwerken im Internet, die es, etwa im Fall der sog. Post-Internet Art, in das journalistische und wissenschaftliche Schreiben über Kunst miteinzubeziehen gilt:
Als Vortragende stehen bereits fest: Kerstin Stakemeier, Noemi Smolik und Jörg Scheller.
Insbesondere junge WissenschaftlerInnen sind eingeladen, versierte Vorschläge für einen ca. 30-minütigen Beitrag einzureichen.
Bitte senden Sie Ihr Abstract (ca. 300 Wörter) mit einer Kurzbiographie bis zum 27. Juni 2016 an Ellen Wagner, Hochschule für Gestaltung Offenbach a. M. (wagner@hfg-offenbach.de).