Call for Papers

Call for Papers: Tagung: Verflüssigungen. Ästhetische und semantische Dimensionen eines Topos, vom 23. bis 25. November in Berlin

Die Tagung im Institut für Kunstwissenschaft und Ästhetik, Universität der Künste Berlin lädt dazu ein, die vielfältigen Interpretationen des Flüssigen und Fließenden in Moderne und Gegenwart unter diskursgeschichtlicher, formtheoretischer und produktionsästhetischer Perspektive zu diskutieren. Einsendeschluss für Exposés: 10. April 2012

Von Zygmunt Baumans "Liquid Modernity" bis zu Zaha Hadids "Total Fluidity": der Topos des Flüchtig-Flüssigen hat gegenwärtig fraglos Konjunktur. Dabei wird im alltäglichen Diskurs selten genauer differenziert zwischen den durchaus unterschiedlichen Aggregatzuständen des Flüchtig-Fluiden und des Flüssig-Liquiden - gleichsam amalgamiert figurieren beide Bedeutungskomplexe als ein Signum der kulturellen (Post-)Moderne, deren Technisierung und Psychologisierung zu einer ,Verflüssigung' von Grenzen, Ordnungen und Einheiten unterschiedlichster Art geführt habe. Die Tagung möchte die ästhetischen und semantischen Implikationen dieses sowohl metaphorisch als auch materiell begriffenen Transformationspotenzials diskutieren, die Möglichkeiten einer begrifflichen Differenzierung ausloten und Nutzen, Relevanz und Verbindlichkeit jener Denkfigur der Verflüssigung für die ästhetische Betrachtung von Kunst und Kultur in historischer und gegenwartsbezogener Perspektive überprüfen. Diskursgeschichtlich spielt die Denkfigur des Flüssig-/Verflüssigten seit der Romantik eine gewichtige Rolle, wenngleich unter wechselnden, mal positiv-affirmativen, mal negativ-perhorreszierenden Vorzeichen. Entsprechend ambivalent steht auch um 1900 ein moderner "Heraklitismus" nicht nur für ein "verflüssigtes" Sein, das in ein "ewiges Werden, in beständige Entwicklung aufgelöst wird" (Eisler 1904), sondern heraufbeschworen wird, im Ausgang der Décadence, ebenso das ,Verfließen' und Instabilwerden gesellschaftlicher Normen und Werte. Neue Technologien befördern ,fluide' Wahrnehmungsweisen um 1900, während sich auch auf sprachlich-literarischer Ebene die mediale Figur einer "Sprachverflüssigung" konstatieren lässt, die die "semiotische Bewältigung einer aufquellenden Bilderfülle" zu leisten vermag (Schneider 2006). Im Verlauf des 20. Jahrhunderts schließlich beginnen die Formen selbst zu fließen, die Materie verflüssigt sich; die Liste der künstlerischen Beispiele seit den 1940/50er Jahren ist lang, bei denen plastische oder malerische Formen und Materialien für eine konkrete oder metaphorisch begriffene Verflüssigung stehen, die eine Vielzahl von Assoziationen und Deutungen entfalten kann: von psychischen und körperlichen Erfahrungen über ökonomische und ökologische Prozesse bis hin zu grundlegenden Fragen der Ästhetik, an deren Grenzen das Flüssige als potenziell wechselhafte, unbeständige Formvorstellung oszilliert.

Neben kunstwissenschaftlichen Vorträgen sind auch insbesondere solche willkommen, die das Phänomen einer metaphorisch oder materiell begriffenen Verflüssigung in erweiterter kultureller (Literatur, Film, Musik) oder natur- bzw. gesellschaftswissenschaftlicher Perspektive (Physik, Chemie, Anthropologie, Soziologie) betrachten. Als Vortragsdauer sind 35-40 Minuten vorgesehen.

Mögliche Vortragsthemen sind u.a.:
I. Verflüssigung der Gedanken, Verflüssigung der Sprache
II. Motive des Fließenden und Flüssigen in der bildenden Kunst
III. Materialästhetik und -semantik
IV. Fließen und das Flüssige als wahrnehmungstheoretische Topoi
V. Aggregatzustände als kulturelle Topoi

Exposés für Vorträge in deutscher oder englischer Sprache (max. 1 Seite) mit kurzem CV werden bis zum 10. April 2012 erbeten an: nakas@udk-berlin.de.
Die ReferentInnen werden bis Ende April 2012 benachrichtigt. Im Falle der Bewilligung eines laufenden Drittmittelantrags können Reise- und Übernachtungskosten übernommen werden.

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