Ausstellungsbesprechungen

Candida Höfer. Düsseldorf, Museum Kunstpalast, Düsseldorf, bis 9. Februar 2014

Schmuckvoll, dabei menschenleer — so stellt man sich im Allgemeinen eine von Candida Höfer inszenierte Architektur vor. Doch das Œuvre der heute 69-jährigen Künstlerin, die zur renommierten Düsseldorfer Fotoschule zählt, birgt weitere, bisher unbeachtete Seiten. Diese zu entdecken lädt nun die Werkschau »Candida Höfer. Düsseldorf« ein. Ein Ausstellungsbesuch, der sich für Nina Loose als unverhofft vielfältig erwies.

Der Titel mag es nahelegen, doch bei »Candida Höfer. Düsseldorf« handelt es sich weder um ein stadthistorisches Bilderbuch, noch um eine Hommage an die NRW-Landeshauptstadt. Vielmehr erscheint die Fotoausstellung im Sinne Candida Höfers als »eine Reflexion über Präsentationsformen«. Eine Schule des Sehens also? In jedem Falle warten beide Ausstellungssäle mit einem motivisch, aber auch medial abwechslungsreichen Fundus auf. So gibt es neben den vertrauten Großformaten etwa kleinformatige Bildergruppen und Selbstporträts zu sehen; hinzu gesellen sich neue Projektionen sowie ein Kurzfilm aus dem Frühwerk der Künstlerin.

Jene 1975 gedrehte Sequenz wird im Museum Kunstpalast erstmals öffentlich vorgeführt und zeigt dabei scheinbar Banales: Zuerst wie Candida Höfer selbst, dann wie ihr Filmpartner, der Künstler Tony Morgan, im Düsseldorfer Eiscafé Da Forno einen Kaffee trinken. Ungewöhnlich ist daran nur, dass die heute als scheu geltende Fotografin damals äußerst selbstbewusst und ausgelassen vor der Kamera agiert.

Wie anders, wie distanziert Candida Höfer im Medium der Fotografie auftritt, das beweisen eindrücklich ihre vor Schaufenstern aufgenommenen Selbstporträts aus den 1970er Jahren. Hier gerät die Fensterscheibe einerseits zur Barriere, andererseits zum Spiegel. Demgemäß entrückt sie die junge Frau vom Betrachter und lässt ihre reflektierte Silhouette wie einen Teil der Auslage erscheinen — umgeben von Kuscheldecken, Blumenvasen, Konservendosen oder Grünpflanzen.

Gezeigt werden die erwähnten Farbfotos nicht als statische Wandbilder, sondern in einer digitalen Projektion namens »Düsseldorf III 2012«. Dieser Art der Präsentation ist Candida Höfer seit Langem verbunden, bestand doch bereits ihre erste Soloschau 1975 in der Galerie Konrad Fischer aus einer Vorführung von Diapositiven. Das flüchtige Moment sowie die Möglichkeit zum beliebigen »Ein- und Aussteigen« des Zuschauers, beides macht für Candida Höfer den besonderen Reiz einer Projektion aus. »Präsentation ist mir ebenso wichtig wie das Machen der Bilder«, so ihr künstlerisches Bekenntnis.

Insofern verwundert es nicht, dass man sich neben den digitalen Projektionen auch an neu arrangierten Bildgruppen erfreuen kann. Candida Höfer mixt darin bewusst Altes mit Neuem, wodurch den Ensembles der Charakter einer Collage innewohnt. Dies passt wiederum zum Ausstellungskonzept: Man möchte keiner Chronologie folgen, sondern vielmehr eine lockere Begegnung zwischen Früh- und Spätwerk der Fotografin präsentieren. In der Tat wurden die ca. 70 Arbeiten ausgesprochen locker auf zwei luftige Säle verteilt, so dass sich manch einer zu Recht mehr Exponate wünscht. Dennoch: Die großzügige Raumsituation wird Höfers majestätischen Motiven durchaus gerecht. Sie korrespondiert zudem, vom Bodenbelag über die Wandfarbe bis zum Licht, gut mit dem hellen, meist kühlen Klang der Bilder.

Charakteristische Schauplätze wie das Dreischeibenhaus oder das Schloss Benrath hat Candida Höfer ab 2011 eigens für die Ausstellung fotografiert. Beide genannte Motive illustrieren exemplarisch die dem Gebäude inhärenten Ordnungsprinzipien — im Hochhaus das Raster der Deckenstrahler, im Rokokoschloss das Schachbrettmuster des marmornen Bodens. Man erkennt unschwer: Die Funktion solcher halböffentlicher Räume ist deren Optik — Struktur, Achsensymmetrie und Zentralperspektive — klar untergeordnet. Unnötig zu erwähnen, dass dabei auch der einzelne Gegenstand kaum zur Geltung kommt.

Desto erstaunlicher ist es zu sehen, wie die Künstlerin in Düsseldorf eine neue Richtung hin zur Vereinzelung beschreitet, z.B. indem sie winzige Schnitzkunstwerke monumental in Szene setzt. Oder wenn sie dem Bauwerk statt im Ganzen nun auch im Detail begegnet. Aus dieser Begegnung resultieren dann schier gegenstandslose Nahaufnahmen von einer Wand, einem Teppich, von Treppenstufen oder Jalousien. So ist neben anderen das Bild »Neuer Stahlhof Düsseldorf II 2012« beispielhaft für jene »Tendenz zur Abstraktion«, die Gunda Luyken, Kuratorin der Ausstellung, in Höfers jüngsten Arbeiten registriert. Hier nimmt die Fotografin ihr Motiv, das Treppenhaus des Stahlhofs, isoliert, stark belichtet und aus der Vogelperspektive auf, was im Abzug eine deutliche Verfremdung bewirkt: Die hinab laufende Wendeltreppe hat sich vom Bauelement zum schneckenförmigen Fossil gewandelt!

Für neue Einblicke wie diesen lohnt die Ausstellung »Candida Höfer. Düsseldorf« ohne Frage. Denn sie regt dazu an, das gängige Bild der Künstlerin, vielleicht sogar der Düsseldorfer Fotoschule, zu überdenken. Und zum Schluss: Wer sich genügend Zeit zur Betrachtung nimmt, den dürfte wohl die Qualität der Werke für deren nicht ganz so hohe Quantität entschädigen.

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