Buchrezensionen

Charlotte Vierer: »Meine ersten Werke landeten im Ofen«. 25 Kunsträtsel, Klinkhardt & Biermann 2017

Es raucht nicht nur der Schwan bei H.B. Auch der Kopf fängt an zu qualmen, wenn Charlotte Vierer dem Kunstfreund ihre Rätsel präsentiert. Einfach sind sie nicht, aber äußerst vergnüglich, meint Rowena Schubert-Fuß.

Lebensgeschichten berühmter Persönlichkeiten haben ja meist etwas Prahlerisches an sich. Wenn gedruckt, sogar noch mehr. Die Eitelkeit des Titelgebers zum Maßstab geraten sie häufig zu lang und der Inhalt enttäuschend. Politiker baden in Selbstbeweihräucherung. Abenteurer wecken Fernweh, das in den seltensten Fällen kuriert werden kann. Schauspieler jammern über den steinigen Weg zum Erfolg. Und bildende Künstler? Protzen mit Frauengeschichten, Alkoholexzessen und Scheiße in Dosen als großartigsten Einfall ihres Lebens.

Dem gegenüber steht der Mythos des bemitleidenswerten Außenseiters, der, vom Schicksal gebeutelt, nur für seine Kunst lebt. Ihm, der nicht gewürdigt wird von der Presse, den Museen und einer größeren Öffentlichkeit, der in ärmlichen, beengten Verhältnissen wohnt, sich mit einer Daunendecke warmhalten muss, da das Geld nicht einmal für Heizmaterial – aber Arbeitswerkzeug – reicht, hat der Maler Carl Spitzweg mit seinem Bild »Der arme Poet« ein Denkmal gesetzt.

Vielleicht wollte Charlotte Vierer all jene würdigen, die beim Publikum zu kurz gekommen sind, als sie jene Abbildung auf den Deckel ihres Buchs drucken ließ. Denn hinter dem Titel »Meine ersten Werke landeten im Ofen« verbergen sich – wer hätte es gedacht – 25 Künstlerbiografien mit einem reichen Fundus an Erlebnissen und Eitelkeiten.

Das fancy rosa Cover beschwört sogleich zärtlichen Feinsinn. Das Inhaltsverzeichnis mit seinen geheimnisvollen Überschriften forciert eine fiebrige Spannung auf das, was nun folgt. Wer mag der Ritter mit dem Hang zum Skandalösen sein? Wen riss eine rätselhafte Krankheit kurz vor dem 57. Geburtstag aus dem Leben? Wessen Autobiografie endete mit den Worten »vorläufig trübe Aussichten«? Und wer lebte seinen Lebenstraum im Urwald?

Jede Biografie ist chiffriert. Ein geheimnisvolles »Ich« schildert uns gewisse persönliche Erlebnisse aus der eigenen Vita. Man meint, es handele sich dabei um den gesuchten Künstler, aber weit gefehlt. Nie hat E. S. tatsächlich in einem Interview oder Tagebuch bemerkt, was Vierer seinem Alter Ego in den Mund legt. Angeblich nahm er die zeitgenössische Kritik seiner Werke gleichgültig hin. Schon seine Mutter hätte in einem plötzlichen Anfall von Hysterie seine frühen Zeichnungen im Ofen verbrannt. Was galt da schon die negative Beurteilung eines Wildfremden?

Eine Fortsetzung feiert die (un)gewollte Bilderverbrennung bei F. de C. d. Ä. Um seine Abneigung gegen all das, wofür C.’s Werk stand, auszudrücken, verbrannte Hofarchitekt Leo von Klenze Pläne und Zeichnungen des Vorgängers vor den Toren Münchens. Doch focht dies de C. nicht an. Äußerst heiter und ein wenig hämisch berichtet sein Ego davon, dass von Klenze seinen Ruf damit nämlich nicht beschädigen konnte.

Auch die Künstlerin, deren Kollegen meinten sie »belle« und sei eine »langweilige Säuferin«, konnte ob dieser Beleidigungen noch lachen. Denn hinter solchen derben Neckereien steckt lediglich der blanke Neid. So blättert man ganz vergnüglich durch die Rätsel und entdeckt durch den Blick in den Lösungsteil bekannte wie vergessene Namen der Kunstgeschichte. Eine Aufzählung erfolgt hier jedoch nicht. Knobeln Sie gefälligst selbst!

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