Ausstellungsbesprechungen

Christian Jankowski – Retrospektive

Zur Zeit macht der quirlige Künstler Christian Jankowski, Jahrgang 1968, das Kunstmuseum auf allen Etagen unsicher.

Wenn in diesen Tagen vom Stuttgarter Kunstmuseum die Rede ist, steht natürlich die Hausherrin Marion Ackermann im Rampenlicht – die 43-jährige Kunsthistorikerin wird im kommenden Jahr von Stuttgart nach Düsseldorf wechseln, um die Kunstsammlung Nordrhein-Westfalen zu leiten. Dass man ihr ein solches Haus anbietet, hat mit ihrem bewundernswerten Geschick zu tun: In nur fünf Jahren hat die vom Münchner Lenbachhaus kommende Museumsfrau das neu gebaute Kunstmuseum zu einer ersten Adresse in der Kunstregion gemacht. In einer guten Mischung hat sie es verstanden, die Klassiker des Museums (allen voran Otto Dix) mit dem frischen Wind hausfremder Kunst zu verbinden. 

Die Kulisse für diese Nachricht hätte kaum besser sein können: Zur Zeit macht der quirlige Künstler Christian Jankowski, Jahrgang 1968 das Kunstmuseum auf allen Etagen unsicher. Fast ein Altersgenosse von Ackermann, sind beide in Göttingen geboren und haben ihre Spuren in der Schwabenmetropole gelegt – Jankowski ist seit 2005 Professor an der Kunstakademie Stuttgart. Der Aktions-, Installations- (oder besser: Fluxus-) und Videokünstler stellte in der Retrospektive kurzum den museal geschmierten Betrieb auf den Kopf, sichtbar schon im Schriftzug auf der Glasfassade des Kunstmuseums: mit einer 180°-Drehung ist der Besucher gut positioniert, um nicht nur die großen Lettern ordentlich lesen zu können, sondern auch die schräge Schau wohlpräpariert genießen zu können.
 
Selten wurde derartig gewitzt das Spektakel Kunst als Medienevent und Wirtschaftsfaktor aufs Korn genommen wie hier. Jankowski macht weder vor Teleshopping-Persiflagen Halt noch vor der Sabotage von Arbeitsabläufen: Unter dem harmlosen Titel »Dienstbesprechung« loste der Künstler die Jobs im Kunstmuseum neu aus: Marion Ackermann findet sich als Handwerkerin wieder, der im Alltag immer ausnehmend freundliche Mann an der Kasse zieht in die Haustechnikabteilung um usw. Am liebsten hätte Jankowski auch die Gehaltsklassen temporär ausgetauscht, da hatte aber der Spaß ein Ende. Den gibt es aber doch zuhauf, vor allem die Videos strotzen vor netten Einfällen, dass die Kritik ihn schon als Hape Kerkeling der Kunst gefeiert hat (ein Blick ins benachbarte Schauspiel ließe fast noch eher an Harald Schmidt denken, wenn man schon Pendants suchen wollte), was immerhin den Eindruck schürt, dass diesem Tausendsassa Christian Jankowski mit den Durchschnittsnormen der Kunstbetrachtung nicht beizukommen ist. Symbolhaft sieht man etwa im Video Kinder in hochgestochener, nachgestellter Sprache die Kunst erklären – eine inszenierte, verkehrte Welt (interpretiert pikanterweise auch von Wahrsagerinnen und Fernsehpredigern). Schon wer sich auf einen wie auch immer erweiterten Kunstbegriff eingelassen hat, stolpert womöglich über die bloß scheinbar oberflächlichen Arbeiten in philosophische Tiefen oder erschrickt sich dann doch in der Sparte Horrorladen, wo der flotte Witz von Jack the Ripper & Co. eingeholt wird.
 
Dass es das hierzulande gibt: ein Haus voll (hof)närrischer Einfälle! Uns wird da ein Spiegel vorgehalten, so dass wir vergnügt diese schöne neue Welt abfeiern würden, entpuppte sie sich nicht als weder schön noch neu: Wir sind da mitten im Leben, auch wenn – oder gerade weil – es auf einer Bühne namens Kunst stattfindet. Dass bei einer solch hintersinnigen Ausstellung auch der Katalog kein braves Blätterwerk zwischen zwei Deckeln sein kann, muss gar nicht eigens erwähnt werden, nur so viel, dass hier einmal mehr die Gestalter von L2M3 Kommunikationsdesign ihr bestes geben durften.

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