Ausstellungsbesprechungen

Cologne Fine Art & Antiques 2014

Die Cologne Fine Art ist eine der traditionsreichsten Kunstmessen der Welt. Noch bis Sonntag sind ihre Tore aktuell geöffnet und laden Interessierte ein, im Crossover von Alter und Moderner Kunst, Angewandter Kunst, Design und Arbeiten auf Papier Kunst neu zu entdecken. Günter Baumann war vor Ort und hat sich besonders von den Arbeiten der Japanerin Leiko Ikemura bezaubern lassen.

Die Kölner Kunstmesse Cologne Fine Art ist eine für die Branche betagte Dame, die einige Verjüngungskuren verabreicht bekam – aus der Westdeutschen Kunstmesse von 1970 wurde 2006 über diverse wechselnde Namen hinweg die sogenannte Cofa, die sich seit einigen Jahren mit rund 100 Galerien recht wacker hält. Nachdem 2012 die kaum 30-jährige Cornelia Zinken mit Kompetenz, Charme und besten Kontakten die Direktion übernommen hatte, überholte die Messe sich selbst in die Gegenwart hinein – und das ohne nennenswerte Ausflüge in die Kunst nach 1980 und in die neuen Medien. Dass zur Zeit eine Schönwetterfront gerade über der Kunst der 1960er und 1970er Jahre steht, kommt dem Konzept sehr entgegen. Dem widerspricht nicht wirklich, dass mit Leiko Ikemura eine vergleichsweise junge und obendrein in stiller Melancholie agierende Malerin den Künstlerpreis der Cologne Fine Art & Antiques erhält. Nach Jürgen Klauke ist die Verleihung des Preises ein Tribut an die verhaltenen, zarten Töne, die auf dem Kunstmarkt gut tun – zuweilen hat man den Eindruck, als würde nur das Geschrei nach täglichen Neuerfindungen der Welt noch gehört werden.

Die Cofa 2014, die freilich auch auf spektakuläre Spitzen setzt – der Renner dürfte diesmal ein angebotenes Gemälde von Marc Chagall bei Van Vertes sein –, ist denn auch ein wunderbares Forum für Galerien wie Kirbach: Dort ist ein vielschichtiger, aber gleichwohl meditativer Stimmungsraum zu sehen, in dem zeitlos schöne Ostasiatika mit zeitgenössischer Kunst eine anregende Liaison eingehen dürfen. Man könnte solche Stände, wohldurchdacht wie sie sind, am Stück einpacken und als Dauerausstellung präsentieren. Museal eingerichtete Messepräsenz, wie sie bei den Galerien Swetec – mit einem hinreißenden Brodwolf-Kabinett und überraschenden Köpfen von Hede Bühl – oder Schlichtenmaier – wo man Dialogen zwischen Hölzel, Steinbrenner und Götz, Hoehme, Thieler und Stöhrer oder Baumeister und Bissier in hellem Licht lauschen kann – zu sehen sind, machen den hohen Stellenwert der Kölner Messe aus. Mit Galerien wie Maulberger oder Hennemann sind hier die modernen Klassiker auf größter Fläche ausgebreitet. Aber auch die Bandbreite an sich gibt der Messe ein grandioses Standing: Sie reicht von Oldtimern, welche zu den teuersten Objekten der Messe gehören, über die Inkunabeln der Klassischen Moderne in der Kunst bis hin zum Schmuck und Mobiliar, dessen feinste Beispiele bei Landau zu finden sind. Zum größten Teil sind starke Positionen vertreten, aus dem Expressionismus und dem Informel kann man an den meisten Ecken Beispiele finden, und auch sensationelle Einzelfunde wie eine atemberaubend gut erhaltene »Liegende Kuh« von Ewald Mataré bei Ludorff oder zwei Hoehme-Arbeiten, die ein Expertenteam an den bereits erwähnten Stand von Schlichtenmaier lockte. Die Liste könnte weiter ergänzt werden: Adolf Luther (401 contemporary), Andy Warhol (insbesondere bei der Galerie des Modernes) oder Christian Rohlfs (Utermann), um nur ein paar zu nennen. Gegenüber den hochpreisigen Arbeiten wird auch die gute Kunst unter 5000 Euro gewürdigt: Dafür wurde eigens ein Young Collectors Room eingerichtet, bei dessen Aufbau sogar die Direktorin Hand anlegte. Wer sollte besser wissen als sie, wie wichtig die junge Generation für den Bestand eines soliden Kunsthandels ist.

Einen besonderen Glanz verleiht dieser Messe die Kunst von Leiko Ikemura, die von der Galerie Greve vertreten wird. Sie ist die ideale Besetzung, weil ihre Bildsprache die klassisch-moderne Zeit wie aus dem Schatten heraus zu zitieren weiß und zugleich nach vorne verweist, indem sie die Verletzlichkeiten von Mensch und Natur anmahnt in einer Zeit, wo die seelischen und ökologischen Gleichgewichte aus dem Lot geraten sind. All dies prangert Ikemura nicht mit tosenden Farbtönen an. Vielmehr verbindet sie – ganz ihrem Naturell als Künstlerin entsprechend – das philosophisch fundierte Wissen um die Fremdheit des Einzelnen in seinem ihm je verliehenen Dasein und das seismografische Gespür für die Fragilität des Gemüts. Der Mensch verschmilzt in ihren zarten Lasurmalereien mit der Landschaft, während die Plastiken von Ikemura einer fantastischen Welt entsprungen zu sein scheinen: Nie kann man sagen, ob hier die märchenhafte Kindfigur sich in ein Tier verwandelt oder ob ein tierisches Wesen zu einer feenhaften Erscheinung mutiert. Eine solch atemberaubende Imaginationskraft, die jeglicher Härte entbehrt, ist weiblich durch und durch, auch wenn man die Ursprünge dieser Kunst weniger im Gender-Gezwänge verorten kann als in der Gedankentiefe japanischer Symbolräume. Die Künstlerin selbst ist zwischen den Welten zu Hause: 1951 geboren in Tsu, Japan, studierte sie in Osaka, Sevilla und Granada. Über einige Jahre hinweg in der Schweiz führte ihr Weg sie nach Köln, wo sie seit 1985 lebt. Nachdem sie 1991 eine Professur in Berlin erhalten hatte, weitete sich ihr Tätigkeitsfeld auch auf die Bundeshauptstadt aus. Von der deutschen Kunstszene ist sie nicht wegzudenken.

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