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Dagmar Lutz: Artemisia Gentileschi. Leben und Werk, Belser 2011

Artemisia Gentileschi gehörte bereits zu ihren Lebzeiten zu den international erfolgreichsten und heute bekanntesten Malerinnen des Barockzeitalters. Die vorliegende Monografie beleuchtet in chronologischer Reihenfolge das Leben der Künstlerin sowie den historischen und künstlerischen Kontext. Auch wenn sie keine neuen Forschungsergebnisse vorstellt, findet es Xenia Ressos einen gelungenen Einstieg in die Arbeit Artemisia Gentileschis.

Die Welt der Kunst ist bis ins beginnende 20. Jahrhundert – und nach mancher Meinung auch noch darüber hinaus – ein von Männern dominierter Schauplatz. Vor allem im Mittelalter und in der Frühen Neuzeit haben es nur wenige Frauen geschafft, sich entgegen der gesellschaftlichen Konventionen ihrer Zeit, als professionell tätige Künstlerinnen zu behaupten.

Zu den bereits zu ihren Lebzeiten international erfolgreichsten und heute bekanntesten Malerinnen des Barockzeitalters gehört die in Rom im ausgehenden 16. Jahrhundert geborene Artemisia Gentileschi, über die mit der von Dagmar Lutz geschriebenen und 2011 veröffentlichten Publikation »nach längerer Zeit erstmals wieder eine deutschsprachige Monografie« erschienen ist.

In ihrer klar strukturierten und in drei inhaltliche Blöcke unterteilten Arbeit führt Lutz den Leser auf gut 100 reich und durchgehend farbig bebilderten Seiten in die Welt der Artemisia Gentileschi ein.
Im ersten Drittel des Buches beleuchtet sie das künstlerische Milieu Roms im späten 16. und frühen 17. Jahrhundert. Vor dem Hintergrund des nach dem Sacco di Roma und dem Tridentinum neu erwachten Mäzenatentums der Römischen Kurie skizziert sie die Auftraggeberschaften und Verbindungen der nun in die Ewige Stadt ziehenden Künstler wie Annibale Carracci, Michelangelo Merisi da Caravaggio oder auch Orazio Lomi, genannt Gentileschi – Artemisias Vater, dem Lutz im Laufe ihrer Arbeit immer wieder großen Raum einräumt.

Die Tatsache, dass die jung zur Halbwaise gewordene Malerin ihr Handwerk im Atelier des Vaters erlernte, ist für die Autorin Anlass, sich der Künstlerausbildung im Allgemeinen und jener von Frauen im Besonderen zuzuwenden. In einem wenige Seiten umfassenden Exkurs stellt sie weitere namentlich bekannte italienische Malerinnen des 16. und 17. Jahrhunderts vor, darunter Fede Galizia, Sofonisba Anguissola und Lavinia Fontana.

Das zweite Drittel des Buches ist Artemisia Gentileschi selbst gewidmet. In kurzen, chronologisch geordneten Kapiteln zeichnet die Autorin ihren Lebensweg nach, der sie von Rom u.a. nach Florenz, Neapel und London führte. Die in den jeweiligen Orten und Zeitabschnitten entstandenen Hauptwerke sind in die Vita der Künstlerin eingegliedert und mitunter Gemälden ihrer Zeitgenossen gegenübergestellt.



Im letzten Drittel stellt Lutz Hauptwerke Artemisias in thematischer Gliederung vor. Vor allem jenen Gemälden, die die Susanna im Bade und Judith und Holofernes abbilden, widmet sich die Autorin ausführlicher. Sie referiert die zugrunde liegenden biblischen Geschichten, benennt die unterschiedlichen, von der Künstlerin gemalten Versionen und geht kurz auf die ikonographischen Traditionen sowie Werke gleichen Themas von Artemisias Zeitgenossen ein. Nicht unerwähnt bleibt in diesem Zusammenhang die heute durchaus kritisch zu diskutierende Vereinnahmung Artemisias durch die junge feministische Kunstwissenschaft der Mitte des 20. Jahrhunderts.

Nach diesen zwar kurz aber informativ beleuchteten Werken folgen bedauerlicherweise bis auf wenige Ausnahmen nur noch kurze Abrisse über die zahlreichen anderen Themen, die Artemisia Gentileschi in durchaus interessanten Kompositionen auf Leinwand gebannt hat.

Auch wenn Lutz keine neuen Thesen oder Forschungsergebnisse in ihrer Publikation vorstellt, sondern sich offenbar vor allem an dem 1999 erschienenen Werkverzeichnis von Raymond Ward Bissell sowie dem von Susanna Stolzenwald 1991 ins Deutsche übertragenen Briefwechsel der Künstlerin orientiert, bleibt dennoch zu würdigen, dass sie mit diesem Buch nach besten Möglichkeiten einen informativen und gut lesbaren Einblick in das Leben und Werk der Artemisia Gentileschi vor dem für die Würdigung ihres Schaffens bedeutenden zeithistorischen Hintergrund bietet.

Nicht zuletzt die sorgsam im Anhang zusammengestellte Biografie, das Werkverzeichnis sowie die übersichtlich gestalteten Bibliografie tragen dazu bei, dass ihre Arbeit als profunder Einstieg in die Beschäftigung mit einer der interessantesten Künstlerpersönlichkeiten des 17. Jahrhunderts empfohlen werden kann.

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