Ausstellungsbesprechungen

Das Gestern und Heute der Kunstsammlung Jena

Vom 14. Juni bis 24. August sind im Stadtmuseum Jena zwei Ausstellungen zu sehen, die eine Brücke schlagen von der Klassischen Moderne bis hin zur Gegenwart. Zum einen wird die legendäre Sammlung des früheren Jenaer Kunstvereins gezeigt, zum anderen die Vehikel, Bilder und Installationen von Tilman Knop, der mit surrealem Witz die Informationsflut unserer Zeit verarbeitet.

Die Sammlung des Jenaer Kunstvereins und andere Werke aus dem Fundus der Städtischen Kunstsammlung Jena. Gemälde, Zeichnungen, Druckgraphik und Plastik
Kunstsammlung im Stadtmuseum Jena
14. Juni bis 24. August 2008

Zum ersten Mal widmet sich eine Ausstellung dem kompletten Bestand des früheren Jenaer Kunstvereins (1903-1949), der mit seiner Angliederung an das Stadtmuseum in der 1930er Jahren dessen Profil so wesentlich bestimmt hat. Ergänzt durch Werke aus der Städtischen Kunstsammlung Jena sind Gemälde, Zeichnungen, Druckgrafik und Plastik von Künstlern wie Erich Heckel, August Macke, Franz Marc, Emil Nolde und Ferdinand Hodler zu sehen.

Mit großer Konsequenz hatte sich der Kunstverein unter der wechselnden Leitung von Botho Graef, Eberhard Grisebach und Walter Dexel das Ziel gesetzt, die neuesten Tendenzen in der Kunstentwicklung zu präsentieren. Den Grundstock für die Sammlung legte eine Porträt-Radierung von Edvard Munch – eine Schenkung des Sammlers Albert Kollmann aus dem Jahr 1912. Der erste Ankauf erfolgte ein Jahr später mit Cuno Amiets Gemälde »Mädchen mit Blume«. Dank der Unterstützung von Künstlern und Sammlern entstand so eine beachtliche Sammlung von etwa 350 Werken, die wichtige Positionen der Zeit vereinte, darunter beispielsweise Hodler, Amiet, Erbslöh, Heckel, Macke, Kirchner, Rohlfs, die dem Verein eigene Werke vermachten. Die umfangreichste Schenkung erhielt die Sammlung dabei 1918 von Ernst Ludwig Kirchner. Er übergab dem Kunstverein sein gesamtes druckgrafisches Frühwerk als Botho-Graef-Stiftung.

Etwa 74 Prozent des Sammlungsbestandes fielen 1937 der Aktion »Entartete Kunst« zum Opfer und besiegelten damit auch das Schicksal des Kunstvereins. Einige Werke konnten jedoch zu Beginn der 1990er Jahre wieder zurück gewonnen werden.

Durch die Sammlungstätigkeit parallel zu den veranstalteten Ausstellungen – dieses Prinzip hat sich auch heute aufgrund des nicht vorhandenen Ankaufetats nicht geändert – entstand eine heterogene Sammlung mit heute fast 5000 Werken der Klassischen Moderne, der DDR-Kunst und inzwischen auch aktueller Kunst, wovon diese Ausstellung zeugt. Neben Werken von Goya, Otto Dix, Oswald Baer und Erich Kuithan sind besonders die Ölgemälde »Gelbe Segel (Fabrik am Wasser)« (1913) von Erich Heckel sowie »Kuhmelken« (1909) von Emil Nolde Highlights im Rundgang durch die Räume.

Zur Ausstellung erscheint ein Katalog mit einer Dokumentation der Sammlung des früheren Jenaer Kunstvereins: »Rausch und Ernüchterung. Die Bildersammlung des Jenaer Kunstvereins - Schicksal einer Sammlung der Avantgarde im 20. Jahrhundert«, herausgegeben von Maria Schmid im Verlag Dr. Bussert und Stadeler, Jena.

Tilman Knop – Der helle Sack
Vehikel, Bilder und Installationen
Kunstsammlungen im Stadtmuseum Jena
14. Juni bis 24. August 2008

Gleichzeitig zur Sammlungspräsentation des Jenaer Kunstvereins zeigt das Stadtmuseum mit der retrospektiv angelegten Ausstellung von Tilman Knop auch zeitgenössische Kunst. Der in Hamburg lebende Künstler öffnet unsere Augen für die Dinge, die uns täglich in Zeitungen, im Fernsehen und im Radio begegnen. Er greift Bilder, Worte und Eindrücke aus der täglichen Informationsflut heraus und setzt sie collagenartig in seinen Grafiken und Objekten neu zusammen. Hintersinnig und ironisch eröffnet er dem Betrachter einen neuen Blick auf bekannte Dinge und macht dabei auf Absurditäten unserer Welt aufmerksam.

In einem seiner Langzeitprojekte mit dem Titel »Commercials« – übrigens bei ihm abonnierbar – veröffentlicht er seine Sicht der Dinge täglich in Form von kleinformatigen Arbeiten, in denen er von der Kleinanzeige bis hin zum Zitat aus einer Gebrauchsanweisung alles verwertet, was ihm beachtenswert erschien. So entsteht sein persönliches Informationmedium, ein Tagebuch seiner Weltwahrnehmung. 

Seine »Vehikel« treiben diesen Gedanken weiter und konterkarieren den Mobilitäts- und Zeitwahn unserer Gesellschaft, so auch der »Satt Kreisler« (2006). Das Wort »Fahr«zeug wird hier ad absurdum geführt, denn die Konstruktion ließe nur eine Bewegung um die eigene Achse zu, ohne auch nur einen Zentimeter voran zu kommen. – Ganz nach dem Motto »Wir wissen nicht wohin, aber wir sind schneller dort!«.

Öffnungszeiten
Dienstag, Mittwoch, Freitag 10-17 Uhr
Samstag, Sonntag 11-18 Uhr
Donnerstag 14-22 Uhr
Montags geschlossen

Mehr im Netz:
Homepage von Tilman Knop

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