Ausstellungsbesprechungen

Das Königreich der Vandalen. Schloss Karlsruhe, bis 21.2.2010

Die Vandalen müssen immer herhalten, wenn sich jemand daneben benimmt, vor allem dann, wenn etwas zu Bruch geht. Dabei haben diejenigen, die einen solchen Vorwurf erheben, oft gar keine Vorstellung davon, wer die historischen Vandalen eigentlich waren, wenn sie nicht halb skeptisch, halb amüsiert vor einem Werbeplakat des Karlsruher Schlosses stehen und denken: Was, die gab es wirklich? Und in der Tat, in der badischen Metropole kann man sich ein Bild von diesen Vandalen machen. Unser Autor Günter Baumann hat die Ausstellung für PKG besucht.

Freilich, auch das können wir lernen, zimperlich war dieser ostgermanische Stamm, dessen Herkunft bzw. Ursprung noch Lücken in ihrer Erforschung aufweist, nicht: Auf der Suche nach einem heimischen Raum blieb manches und mancher auf der Strecke, wobei der schlechte Ruf sicher damit zu tun hat, dass die Vandalen u.a. auch in Gallien (um 406–409) und in Rom (Mitte 5. Jh.) vorbeikamen … Doch die Ausstellung will dieses Bild gerade rücken und entwirft es im Einklang mit der Forschung, vor dem Hintergrund eines kulturell verankerten Staates – wobei keine Mühen gescheut wurden und man die originalgetreue Villenrekonstruktion betrachten kann, die ein spätantikes Flair nach Karlsruhe bringt. Genau genommen beerbten die Vandalen die Römer. Um dieses Statement zu verstärken, treten die Ausstellungsmacher auf und legen eine Palette von Schmuck und Waffen über Sarkophage bis hin zu Mosaiken vor. Manche der rund 500 Stücke waren nach Auskunft des Museums noch nie in Europa zu sehen.

Die Geschichte der Vandalen ist hochkomplex, weil sie sich über das spätrömische Reich erstreckte, und zwar über dessen Kernland hinaus, was für interkulturelle Spannung sorgte, und die Blütezeit war relativ kurz – 100 Jahre lang bestand das Königreich der Vandalen in Tunesien! –, was den Werdegang besser überblicken lässt: markiert durch die Themenfelder »Aufstieg« und »Niedergang«. In der chronologischen Anordnung treffen wir die frühen Vandalen in Nordafrika; auf der Höhe ihrer Zeit, im Jahr 455, erobern sie Rom, danach bröckelt die Macht: 534 fallen die Vandalen der Sklaverei anheim. Das ist die nachvollziehbare, auch präsentierbare Geschichte. Die Badener Ausstellung macht aber auch deutlich, dass die unterschwellige Entwicklung vor dem Beginn historischer Objektsicherung und nach der Unterwerfung der Vandalen im Dunkeln liegt: frühe Spuren führen bis ins slowakische Gebiet, und die Anpassungsfähigkeit der multi-ethnischen Gemeinschaft insbesondere an die römische Kultur und an das arianische Christentum einerseits verwischen die Spuren andererseits in späterer Zeit. Entsprechend kommt einem die Vandalen-Schau zuweilen spanisch, das heißt recht römisch vor. Aber die Ausstellung wartet tatsächlich mit Kostbarkeiten auf: Relikte der vandalischen Oberschicht, die offenbar den Luxus liebte, wie man anhand von Mosaiken, der Villenarchitektur oder den Jagdmotiven entnehmen kann.

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