Ausstellungsbesprechungen

Das Recht des Bildes, Jüdische Perspektiven in der modernen Kunst

Der spiegelgleiche Umschlag des Katalogs zieht uns ins Thema, bevor wir es auch nur geahnt haben. Kunst von Juden, jüdische Kunst heißt immer auch jüdische Geschichte, jüdisches Traditionsverständnis und Kultur.

Das Museum Bochum hat sich die schier unmögliche Aufgabe gestellt, die Jahrtausende alte Vernetzung von der Allgegenwart der Religion bis ins Private und das profane Weltbild mit Blick auf das Kosmopolitische auf die Perspektiven in der modernen Kunst zu beziehen. Das ist ihm prächtig gelungen – hat das Haus doch Erfahrung: Im Jahr 2000 beleuchtete eine Ausstellung die wechselseitige Reizwirkung von Zen-Buddhismus und moderner Kunst. Hauptproblem hier wie dort war und ist die relative Bildfeindlichkeit, ja das Bilderverbot. »Ein Bild der Bilder ist in Erscheinung getreten – nicht etwa ein Bild der Welt und schon gar nicht ein Bild Gottes. Die Reflexion über jüdische Geistigkeit und Identität wird somit auch zu einer Reflexion über Kunst und, damit verbunden, zu einer Infragestellung des Bilderglaubens auf der Grundlage einer Bestätigung des Bildes in diskursiver Form.«

 

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Die jüdische Religion ist dem Wort, dem Buchstaben verpflichtet. Faszinierend ist nun zu beobachten, wie das Worthafte – das mitverantwortlich ist für das Bilderverbot – buchstäblich verbildlicht wird: In hebräischen Handschriften geraten die kalligraphischen Zeichen nicht selten zum Ornament, ja zu hintergründigen Figurendarstellungen: Das Bild bricht sich Bahn. In der modernen Kunst, und das ist die spektakuläre Einsicht der Bochumer Ausstellung, verknüpfen sich beide großen Entwicklungsstränge mit jener jüdischen Tradition: Im Bereich der gegenständlichen Kunst fällt gerade die fast provozierende Hinwendung zum Porträt auf – von Max Liebermann bis zu Lucien Freud reicht die Linie. Freilich ist dies eine Emanzipation und Relativierung vom Verdikt und gerade dadurch damit verbunden; einen schicksalhaften Bogen kann man einerseits zu den (Selbst-)Porträts von KZ-Insassen, andrerseits zum nicht minder existenziellen Widerstand gegen das Adorno-Wort von der Unmöglichkeit von Kunst nach Auschwitz schlagen. Im Bereich der Abstraktion verursacht das Bilderverbot, dass sich die Kunst selbst ins Religiöse wendet und sich damit unverdächtig macht, bloß Bild zu sein. Bestes Beispiel ist die Kunst Mark Rothkos, dessen kreatives Movens philosophischer Natur ist, die wiederum dem Buchstäblich-Logischen näher liegt als dem Bildlich-Sinnlichen.


 

Öffnungszeiten

Dienstag, Donnerstag, Freitag, Samstag 11–17 Uhr

Mittwoch 11–20 Uhr

Sonntag 11–18 Uhr

 

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