Meldungen zum Kunstgeschehen, Tagungen

Der 30. Deutsche Kunsthistorikertag

Foren, Plena und Sektionen, ein Kommentar

Der 30. Deutsche Kunsthistorikertag ist zu Ende, von Mittwoch bis Sonntag trafen sich die Kunsthistoriker in Marburg, um in Sektionen und Foren über die Frage des Kanons in der Kunstgeschichte zu diskutieren. Ergänzt wurde der Veranstaltungsreigen an allen Tagen durch Plenumsvorträge, die Themen aus den Sektionen vorstellten und durch Exkursionen in die Umgebung.

Neben einer ganzen Anzahl von Sektionen, die sich wie die Sektion „Kunst in der DDR“, oder „Kunsthistorische Bauforschung“ u. a. der Untersuchung und Diskussion einzelner abgegrenzter Forschungsgebiete der Kunstgeschichte widmeten, waren ein Forum und eine Sektion mit theoretischen Fragen des Faches, seiner Methode und seiner Geschichte sowie dem Umgang damit beschäftigt.

So bot der Besuch des Forums „Wissenschaftsgeschichte der Kunstgeschichte. Grenzen und Möglichkeiten eines Rahmenwechsels“ tatsächlich für die Besucher etwas Neues: in vier aufeinander folgenden Podien liefen die eher mehr als weniger prominenten Fachkollegen zu dreiminütigen Statements auf, die ohne Diskussion mit dem zum Zuhörer verdonnerten Publikum aufeinander folgten, wobei die sowieso schon mäßige akustische Wiedergabe durch den regelmäßigen Ausfall oder unsachgemäßen Gebrauch der Mikrofone litt. Kaum hatten alle Redner eines Podiums ihr Soll vollbracht, wurde unter großem Stühle rücken das nächste Podium zusammengeholt und wieder hatte jeder Teilnehmer drei Minuten…

Der Sinn oder Unsinn dieser Veranstaltung bleibt dahingestellt, die eigentlichen Beiträge der tapferen „Dreiminütler“ erschließen sich erst durch die vorangegangene Diskussion in der neugegründeten Internetzeitschrift „KUNSTGESCHICHTE. Open Peer Reviewed Journal“
Dort geht es in den meisten Beiträgen nicht nur um Fach- und oder Wissenschaftsgeschichte der Kunstgeschichte, sondern auch um die Frage ihrer Existenzberechtigung und ihres Gegenstandes, der sich mit der Bildwissenschaft Mitte der 90er Jahre irgendwie in Richtung Medienwissenschaft davongemacht hat.
Der klügste Beitrag zu dem Thema ist von Matthias Bruhn, der auch als einziger auf die Veränderungen hinweist, die das Fach durch die im Bolognaprozess festgelegten neuen Studienbedingungen erfahren wird. Außer in einem studentischen Diskussionsforum spielte diese einschneidende Veränderung, die jedes geisteswissenschaftliche Fach mehr betrifft und mehr verändern wird als die Frage wer wann zuerst von „Bildwissenschaft“, „Ausrahmung“ oder „iconic turns“ gesprochen und geschrieben hat, auf dem Kunsthistorikertag keine Rolle.
 
Angesichts der schier unübersehbaren Fülle von Ausstellungen, Kunstveranstaltungen und aktuellen Terminen in Museen und Galerien (im PortalKunstgeschichte unter Kunstgeschehen im April bereits 363 angekündigte Termine) scheint die Frage nach dem „verloren gegangenen“ Gegenstand der Kunstgeschichte für Außenstehende etwas befremdlich und die Diskussion auf die universitär institutionalisierte Kunstgeschichte sowie ihre ebenfalls dort beheimatete Konkurrenz der Medienwissenschaft begrenzt.
Der Gefahr, selbstreferentiell zu wirken, kann man leicht entgegentreten, analog zu dem Spruch, den diese Generation von Diskutanden sicher noch aus der Schulzeit kennt: „Augen auf im Straßenverkehr!“ wie wäre es mit „Augen auf für die aktuelle Kunstszene!“
Die Diskussion „Wissenschaftsgeschichte der Kunstgeschichte“ soll DFG-gefördert! weitergeführt werden, wir sind also gespannt auf den nächsten Kunsthistoriker-Catwalk auf dem 31. Deutschen Kunsthistorikertag in Würzburg im Jahr 2011.

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