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Der Pelzrock ist nicht reisetauglich

Anlässlich der demnächst stattfindenden großen Dürer-Ausstellung in Nürnberg wollte das Germanische Nationalmuseum das berühmte Selbstporträt im Pelzrock präsentieren. Eine Leihanfrage an die Alte Pinakothek in München wurde aus konservatorischen Gründen jedoch abgelehnt. Nun beschäftigt sich der bayerische Landtag mit dem Fall. Christian Müller fasst für Sie zusammen.

Albrecht Dürer, Selbstbildnis im Pelzrock, 1500 © Alte Pinakothek München
Albrecht Dürer, Selbstbildnis im Pelzrock, 1500 © Alte Pinakothek München

Unter dem Titel »Der frühe Dürer« zeigt das Germanische Nationalmuseum Nürnberg vom 24. Mai bis 2. September eine umfassende Schau des berühmten Künstlers. In der Ausstellung mündet ein großangelegtes Forschungsprojekt, das sich seit fast drei Jahren dem Frühwerk Dürers widmet. Nicht weniger als 120 Originale sollen aus aller Welt - von Washington bis Florenz - zusammenkommen.

Viele Originalbilder aus dem Besitz der Stadt waren über die Jahrhunderte verkauft worden oder hatten Nürnberg anderweitig verlassen. Daher reichen die Verhandlungen über Leihgaben für die große Ausstellung bis ins Jahr 2009 zurück, wie das Germansiche Nationalmuseum mitteilte.

Doch ausgerechnet aus dem nahen München kam eine Absage: Das weltberühmte »Selbstbildnis im Pelzrock«, das in der Alten Pinakothek hängt, sollte nicht zum Familientreffen kommen dürfen. Grund für die Absage sei die Sperrliste der Wittelsbacher Landesstiftung, der Eigentümerin des Bildes. Dieser Liste Zufolge darf das Gemälde die Pinakothek nicht verlassen.

Die letzte Reise unternahm Dürer im Pelzrock im Jahr 1971, auch damals zu einer großen Dürerschau im Germanischen Nationalmuseum. Doch aufgrund der überragenden Bedeutung für die Alte Pinakothek und des schlechten Allgemeinzustandes des Bildes sollte es nicht mehr für Ausleihungen zur Verfügung stehen.

Hier könnte die Geschichte enden, wenn der Fall nicht hohe Wellen geschlagen hätte. Die Angelegenheit mauserte sich nämlich zu einem Politikum. Zwischen Franken und Bayern lodert immer wieder ein Konflikt um vermeintliche »Beutekunst« auf: München beherbergt eine ganze Reihe von Kunstgegenständen aus Franken, die im Laufe der Geschichte auf verschiedenen Wegen in die Landeshauptstadt gekommen sind. Zuletzt entfachte sich der Streit 2007, als Bamberg anlässlich des Bistumsjubiläums die Herausgabe des Domschatzes verweigert wurde - auch damals aus konservatorischen Gründen.

Der Nürnberger Oberbürgermeister Maly wandte sich mit einem Hilfegesuch an den bayerischen Ministerpräsidenten Seehofer. Auch Finanzminister Söder trat für die Herausgabe des Werkes ein. Schließlich plädierten alle fünf Fraktionen des Landtages in Dringlichkeitsanträgen dafür, dass das Selbstporträt seine Reise antreten solle. Wissenschaftsminister Heubisch sollte entsprechend zwischen den Kunsthäusern vermittelnd tätig werden.

Währenddessen verwiesen die Bayerischen Staatsgemäldesammlungen erneut auf den Zustand des Gemäldes. Sie teilten mit, dass seit der letzten Verleihung 1971 schwere Schäden an der Holztafel des Selbstbildnisses dokumentiert seien. Neben einer Fuge und mehreren Rissen sind auch Farbverluste zu verzeichnen. Daher seien die Risiken, die ein Transport nach Nürnberg mit sich brächte, schlichtweg zu groß.

Gegen diesen Vorwurf verwehrte sich nun aber wieder das Germanische Nationalmuseum - dort sei über Schäden, die aus der letzten Ausleihe hervorgingen, nichts bekannt. Klarheit brachte schlussendlich eine gemeinsame Untersuchung des Porträts durch die Chefrestauratoren der streitenden Institutionen. Sie erklärten am 15. Februar in einer Pressemitteilung: »Jegliche mechanische Belastung, wie sie bei Transporten unvermeidlich ist, stellt ein aus fachlicher Sicht nicht tragbares Risiko für das herausragende Werk dar.« Daneben stellte sich heraus, dass die Risse und die Fuge im Holz bereits aus den 1930er Jahren herrühren, also bereits bei der letzten Leihgabe bestanden haben mussten.

Mit diesem Ergebnis traten Kunstminister Heubisch und Klaus Schrenk, der Generaldirektor der Staatsgemäldesammlungen, vor den Kulturausschuss, wie die bayerische Staatszeitung berichtet. Einige Abgeordnete wollen die Sache nicht auf sich beruhen lassen, sodass die Entscheidung über die Dringlichkeitsanträge vertagt wurde, um den Delegierten die Möglichkeit zu geben, sich von Dürers schlechter Verfassung zu überzeugen. Mit Blick auf den mittlerweile entkräfteten Vorwurf, dass das Nationalmuseum das Bild beschädigt zurückgegeben habe, äußerte sich Sepp Dürr von den Grünen an die Adresse Schrenks: »Wer einmal lügt, dem glaubt man nicht.« Er bezeichnet es als unglaubwürdig, dass Schrenk bereits vor der Untersuchung konservatorische Bedenken gegen die Ausleihe erhob.

Die Staatsgemäldesammlungen stellten daraufhin in einer Mitteilung klar, dass die neuen Erkenntnisse über das Alter der Schäden umgehend nach der gemeinsamen Besichtigung veröffentlicht worden seien und verlangte eine Entschuldigung. Laut der Augsburger Allgemeinen präzisierte Dürr, dass seine Äußerung nicht gegen Schrenk gerichtet war, sondern gegen die beteiligten Minister und den Ministerpräsidenten, die »sich jetzt hinter einem aus dem Hut gezauberten Gutachten verstecken«, nachdem sie sich vorher für die Ausleihe stark gemacht hatten.

Fest steht einstweilen, dass das Nürnberger Museum nun selbst konservatorsche Bedenken gegen eine Ausleihe hegt und die Anfrage bereits zurückzog, denn der Erhalt des Bildes stehe an erster Stelle. Nach Meinung der Sachverständigen soll Dürer also die Reise erspart bleiben. Es bleibt abzuwarten, wie die Expertisen der Landtagsabgeordneten ausfallen und wessen Stimme in der Frage letztlich das größere Gewicht haben wird.

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