Ausstellungsbesprechungen, Meldungen zum Kunstgeschehen

Die Schätze des alten Syrien – Die Entdeckung des Königreichs Qatna, Landesmuseum Württemberg bis 14. März

Es ist zunächst erstaunlich: Massenweise strömen die Menschen in die Ausstellung über die Schätze des alten Syrien ins Museum.Schon das Land ist dem Normalbürger wohl recht fremd, und jenes Königreich hätte noch vor einem Jahr nur ein großes Fragezeichen hinterlassen : Qatna was? Vor dreieinhalb tausend Jahren kreuzten die Handelsstraßen diesen kargen Streifen des Orients und brachten dem Reich Wohlstand und Macht. Doch wie das Leben so spielt: Anders als das immer weiterblühende Damaskus geriet Qatna auf die Schattenseite, nachdem die Ägypter, Hethiter und andere dagegen anrannten. Am Ende war die einstige Metropole um 1340 von der Landkarte verschwunden. Unser Autor Günter Baumann besuchte die faszinierende Ausstellung.

Erst 2002 gelang es dem Archäologen Peter Pfälzner und seinem Team von der Tübinger Universität, dieses bronzezeitliche Kleinod in die Gegenwart zurückzuholen, zumindest das, was das Königtum hinterlassen hat: ein Keilschrift-Archiv und ein erfreulicherweise nicht geplündertes Königsgrab. Das glückliche Händchen hielt an – noch im Sommer 2008 kam ein ursprünglich dreistöckiger Palastflügel zutage. Nun ist aber Qatna nicht Troja, oder die Sensationen lassen sich heute mehr Zeit auf dem Weg in die Öffentlichkeit. Denn was in Fachkreisen natürlich längst als Fund von unermesslicher Bedeutung bekannt war, bedurfte dieser Ausstellung in Stuttgart: In den an sich wenig attraktiven Wechselausstellungsräumen inmitten des Württembergischen Landesmuseums im Alten Schloss ließen die Ausstellungsmacher bzw. deren Innenraumarchitekten das alte Reich wiederauferstehen. In nobel gestalteten Vitrinen präsentieren sich rund 450 der insgesamt 2000 geborgenen Objekte – von Stoffen über Waffen bis hin zu Schmuck und Kleinplastik – wie Juwelen. Zudem kann der Betrachter das Königsgrab auf einer fiktiven, auch 3D-animierten Reise selbst betreten. Und während man auf Umwegen über vertraute Bilder etwa von ägyptischer Kunst die Kultur von Qatna kennenlernt, gelangt man auf einer faszinierenden Museumstour zu Erkenntnissen, die man so kaum erwarten konnte. Selten ist es derart überzeugend gelungen, eine fremde Zivilisation zu vergegenwärtigen, die nicht nur Erwachsene in den Bann zieht, sondern auch Kinder, für die eine eigens eingerichtete Führungslinie besteht. Da ist es fast bedauerlich, dass diejenigen, die erst zum Ende der Qatna-Schau ins Museum gefunden haben, mit einem verständlichen Andrang kämpfen müssen – es werden wohl an die 100.000 Besucher gewesen sein, wenn sich die Hallen schließen. Am Ende darf man sich sogar der Illusion hingeben, es wäre einem die hochkomplizierte Keilschrift nahegekommen, die über Lautsprecher und inszenierte Illuminierung einen schönen Schlussakkord setzt.

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Öffnungszeiten:
Di bis So 10 - 17 Uhr

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