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Diego Velazquez – eine Hommage

Seine Porträts entzücken noch heute, seine Bilder galten Größen wie Manet oder Goya als beispielhaft und auch die Kunstgeschichte liebt ihn. Velazquez ist DAS Aushängeschild des Barock in Spanien und »Las Meninas« für manche schon ein Heiliger Gral. Nina Zöpnek gehört auch zu seinen Fans und hat sich näher mit dem Künstler beschäftigt.

Diego Rodríguez de Silva y Velázquez - oder einfach nur Velázquez. Ein Name der jeden, der sich auch nur ein wenig mit Kunstgeschichte auseinander setzt, die Ohren spitzen lässt und Verzückung hervorruft.

Daher ist der Besuch im Museo del Prado von Madrid, einer Pilgerstätte für Verehrer und Bewunderer des 1599 in Sevilla geborenen Künstlers, ein Muss. Vier oder gar fünf Räume muss man durchqueren, ehe sich durch den nächsten Türbogen das Vorzeigewerk Velázquez´, die sogenannten Meninas (zu Deutsch: Hofdamen), erahnen lässt. An der linken Vertikale des Türrahmens blitzt ein dunkles Eck des Meisterwerks hervor, davor eine Menschentraube, die es unmöglich macht, das Bild nach Betreten des Raumes sofort in seiner Gesamtheit bewundern zu können. Doch nach ein paar weiteren Schritten, ein bisschen Drängeln und ein paar fremden Tritten auf die eigenen Füße hängt es da vor einem, prachtvoll und groß und verursacht Gänsehaut am gesamten Körper.

Aber wer war denn nun dieser Barock-Maler, der es geschafft hat, Bilder zu kreieren, welche sich noch heute in den Gedanken eines fast jeden festsetzen? Geboren wurde er als Sohn eines portugiesischen Anwalts und einer Hidalgo, einer Tochter der alten spanisch-christlichen Adelsfamilien, in der kosmopolitischsten spanischen Stadt der damaligen Zeit. Früh, schon im Alter von nur zehn Jahren, begann er seine Ausbildung zum Maler, unter anderem in der Malerwerkstätte von Francisco Pacheco, dem Verfasser des Traktats »Arte de la Pintura«. Der junge Künstler interessierte sich vor allem für sogenannte Bodegones und Straßenszenen, die ihm dank großer Virtuosität und einer unübersehbaren Anlehnung an den Renaissance-Künstler Caravaggio einen guten Ruf in der künstlerischen Szene Sevillas einbrachten. Doch ein gut situierter Maler in Sevilla zu sein war Diego Velázquez nicht anspruchsvoll genug. Für ihn war die Malerei eine Profession, die nicht nur wirtschaftlichen, sondern auch sozialen Erfolg versprach und dieses Ziel war in seinen Augen am königlichen Hof am besten zu erreichen. Daher reiste der Künstler im Alter von 23 Jahren nach Madrid, im Gepäck sein Gemälde des »Wasserverkäufers von Sevilla« und ein Porträt des Hofdichters Luis de Góngora, an den er durch die Kontakte seines ehemaligen Lehrers gekommen war. Durch ein paar – für Velázquez - glückliche Zufälle, wie etwa dem Tod eines eingesessenen Hofmalers und der herausragenden Qualität seiner eigenen Werke wurde er schon 1630 wieder an den Hof berufen und in den Kader der Hofmaler für Philipp IV aufgenommen.

Der künstlerischen Freiheit Diego Velazquez´ war jedoch am spanischen Hof eine Grenze gesetzt, denn Regentenporträts und die Darstellung der königlichen Angehörigen funktionierten, und funktionieren auch heute noch großteils, nach dem gleichen Schema: Die dargestellte Person steht mittig im Bild, meist im Dreiviertelporträt auf eine Seite gewandt, Blick nach vorn, schön gekleidet mit gewünschten Attributen entweder in der Hand oder im Hintergrund. Das Ganze könnte jetzt noch sitzend oder auf einem Pferd oder reduziert auf den Brustbereich stattfinden. Mehr Variation gibt es nicht. Was eventuell zu Langeweile bei Velázquez führte ist jedoch ein Glücksfall für jeden Betrachter seiner Werke, denn so wenig er seinem Pinsel in der Wahl der Darstellung freien Lauf lassen durfte, umso virtuoser waren die Details seiner Bilder.

Als Velázquez´ Name schon weite Kreise im spanischen Königreich gezogen hatte und man sich der konstant hohen Qualität seiner Kunst sicher war, nahm er sich etwas mehr Freiraum in der Umsetzung seiner Darstellungen. Die Herrscherporträts mussten weiterhin nach strengen, formalen Vorgaben fertiggestellt werden, aber die Bildnisse der Hofzwerge, -dichter und anderen Teilnehmern am höfischen Treiben zeigen eine unglaubliche Beobachtungsgabe des Künstlers, eine Gabe für die naturnahe Darstellung noch so unterschiedlicher Personen und ein Talent, Reduktion herausragend zu gestalten.

Von Reduktion kann in »Las Meninas« allerdings keine Rede sein, außer im Hinblick auf die Gestaltung des Raumes im Hintergrund mit seinen klaren Linien und eindeutigen Formen. Geht es um die Bedeutungsebenen, ist dieses Porträt der jungen Prinzessin Margarita weit vorne im Rennen um das durchdachteste Gemälde. So handelt es sich hierbei nicht bloß um eine Darstellung der Infantin mit ihren Hoffräuleins, sondern auch um ein Selbstbildnis des Künstlers bei der Arbeit, in welchem er das Königspaar in den Hintergrund rückt und es nur in einer Spiegelung hinter seinem Rücken andeutet. Schon Velázquez´ Nachfolger, Luca Giordano, wies mit seiner Aussage, das Werk wäre die „Theologie der Malerei“, auf eine breite theoretische Basis hin und es wäre wohl kaum dem Lesefluss förderlich, alle (Be)Deutungen hier aufzulisten.

Es sei nur noch erwähnt, dass Velázquez´ Werk, das im Vergleich mit ebenso bekannten Künstlern relativ klein wirkt (die Rede ist von nur etwa 125 bestehenden Bildern), es geschafft hat, die einflussreichsten Künstler der vergangenen 300 Jahre zu beeinflussen und sie zu einer Rezeption seiner Gemälde zu verleiten. Darunter Francisco de Goya, Édouard Manet, Pablo Picasso und Francis Bacon.

Auch bei meinem nächsten Besuch in Madrid werde ich mir wieder auf die Füße treten lassen, um das Meisterwerk des spanischen Künstlers erneut aus der Nähe betrachten zu können.

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