Ausstellungsbesprechungen

Dirk Skreber - Blutgeschwindigkeit

Es kommt selten vor, dass eine Ausstellung ihre eigenen Erwartungen schon während ihrer ersten Wochen korrigieren muss. Skreber, 1961 in Lübeck geboren und mittlerweile gut in New York im Sattel, sei in Europa noch halbwegs unbekannt – verglichen mit seinen amerikanischen Erfolgen.

In der Tat, zwar muss man früh geahnt haben, was in ihm steckt, übernahm Skreber doch 1994/95 eine Gastprofessur in Karlsruhe, aber eine Einzelausstellung in Freiburg war weit und breit auch ein Einzel-Fall. Und kaum zeigt die Kunsthalle in Baden-Baden nun den aktuellen Skreber, rückt der Künstler auch schon an die Spitze der Malerei vor. (Es ist sicher nicht von Nachteil gewesen, dass nebenan bei Burda der deutsche Superstar Gerhard Richter die Massen anlockte.) So ist es nur folgerichtig, dass die Skreber-Schau bis zum 27. April 2008 verlängert wurde, bevor sie nach Burgdorf aufbricht.

Die Kunst Dirk Skrebers ist durch und durch irritierend – und faszinierend: Autocrashs, Flutkatastrophen, Häuserein- (oder besser: -um)stürze, Reifenaufstände, und das alles stilllebenhaft menschenleer. Schon die Reihe der Motive zeigt in dieser Folge die zunehmende Grotesken-Vorliebe des jüngsten Skreber. Während wir den Untergangsvisionen zunächst fast verängstigt folgen, macht die technische Brillanz neugierig. Die schaurige Schönheit lässt uns Anteil nehmen an jenen Visionen, die dadurch ja auch so viel Fiktionales in sich birgt, dass wir bald das Furchtbare in den Hintergrund treten lassen und uns genussvoll der Kunst widmen können. Ein solcher Triumph des gruselschönen Scheins mag problematisch sein angesichts der realen Horrorszenarien von Umweltkatastrophen und Massenkarambolagen. Doch zeigen nicht zuletzt die monumentalen Installationen, dass die Kunst hier nichts verdeckt oder beschönigt, sondern dass sie eben weniger ist, was sie zu sein scheint, sondern genau das, was sie ist: Kunst. Die Welt des Dirk Skreber ist ja bei aller Schönheit alles andere als heil.

In fulminant-überwältigenden Arbeiten räumt Skreber auf mit der Heimeligkeit des Immergleichen, denn das ist grade das Unheimliche. Hier ist Skreber verwandt mit dem etwa altersgleichen Eckart Hahn, der die Illusion länger aufrechterhält, wohingegen Skreber die Pinselspuren und Farbläufe bewusst stehen lässt. Die offenen oder versteckten Zitate aus der Pop-Kultur lässt Skreber auflaufen an der Realität der Kunst – denn da gehören sie hin. Indem der Betrachter sie dann davon loslösen will – ein vorhersehbarer Reflex – entsteht diese Ambivalenz bzw. Uneindeutigkeit einer bloß angerissenen Erzählung.

Wenn auch die »Lektüre« der Bilder nicht möglich ist, so ist der Katalog umso lesenswerter, der somit der überbordenden Farbwelt ein wunderbares Druckwerk an die Seite stellt, das mit beeindruckenden Essays und bestechenden Abbildungsstrecken gleichermaßen sehr zu empfehlen ist.

 

Weitere informationen

 

Staatliche Kunsthalle Baden-Baden
Öffnungszeiten
Dienstag bis Sonntag 11–18 Uhr
Mittwoch 11–20 Uhr

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