Buchrezensionen, Rezensionen

Donat de Chapeaurouge: Gemalter Widerstand - Von der Romantik bis zur sowjetischen Zensur. Ein Essai, VDG Weimar 2010

Nach der Französischen Revolution von 1789 beginnen deutsche und französische Maler, Widerstand gegen die eigene Regierung zu leisten, indem sie für ihre Werke ein Thema wählen, das politisch nicht erwünscht ist. Dabei bleiben sie aber meistens so diskret, daß sie offenen Protest vermeiden.Der Angriff auf die Herrschenden erreicht um 1900 einen Höhepunkt, indem die Künstler sich sogar für göttlich halten und in der "Klassischen Moderne" zu dem Anspruch steigern, in der Malerei den Neuen Menschen und die Neue Welt zu zeigen. Elena Bozhikova hat den versteckten Hinweisen nachgespürt.

In diesem schmalen Band präsentiert der Autor eine ikonologische Betrachtung verschiedener Positionen der Moderne im Hinblick auf ihre versteckten Botschaften. Der Zeitraum erstreckt sich von der französischen Revolution bis zur sowjetischen Moderne. Ausgehend vom Methodenstreit von Alfred Lichtwark und Aby Warburg stellt der Autor seine These auf: eine rein ästhetische Betrachtung der Kunst ist im Falle der besprochenen Künstler nicht ausreichend, da ihre Werke einen Doppelcharakter aufweisen, der zum Teil von den Zeitgenossen übersehen wurde. Die Künstler leisteten heimlichen Widerstand, um gleichzeitig politisch Stellung beziehen zu können und ihre gesellschaftliche Position zu wahren. Ihre Beweggründe waren vielfältig: Caspar David Friedrich malte mit seinem »Kreuz im Gebirge« ein Sinnbild des Patriotismus, während Gustave Courbet seine Zeitgenossen nach ihrer Einstellung zur Kunst einteilte und somit eine starke Wertung der Gesellschaft vornahm. Chapeaurouge sieht darin einen Aufstand gegen die Machthaber und ein Streben nach einer neuen Zukunft. In diesem Essay werden nur die berühmtesten Namen erwähnt – Delacroix, Hübner, Manet, Seurat und Repin, der ebenfalls diesem Zeitgeist verwandt war. Doch gerade Repin verheimlichte und verschleierte seine Position keineswegs. Der Anfang des 20. Jahrhunderts ist für Chapeaurouge ein bedeutender Einschnitt. Hier wird der Fokus verschoben – im Zentrum steht nun das Individuum. Die Manifestation dieser Idee findet 1902 in der Wiener Sezession statt, mit der Ausstellung der Beethoven-Statue von Max Klinger. Im Mittelpunkt steht der Künstler als Übermensch, der später in den Werken von Picasso, Kandisky und Boccioni auftaucht. Die ehrgeizigsten Vertreter dieser Bewegung waren die russischen Suprematisten und Konstruktivisten, die in diesem Essay ausführlich besprochen werden. Andere Positionen tauchen in der Menge der betrachteten Künstler unter: Paula Modersohn-Becker, Franz Marc und andere kommen zu kurz. Das Essay bietet einen guten Überblick über viele Einzelpositionen der deutschen, französischen und der russischen progressiven Kunstbewegungen. Es fehlt jedoch eine ausführlichere Betrachtung, wodurch sich die modernen Künstler genau von ihren Vorgängern unterscheiden. Warum soll man die Werke von Bosch oder Rembrand nicht als gemalten Widerstand ansehen? Auch die Betrachtung der einzelnen Werke und Künstler lässt Wünsche nach einer Vertiefung aufkommen.

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