Ausstellungsbesprechungen

Edouard Manet: Meeresimpressionen

Manet, der Großstadt-Dandy, hat seine Motive nur selten außerhalb des Pariser Stadtlebens gesucht. Die wohl bekannteste Ausnahme ist das „Frühstück im Grünen“, welches im Bois du Bologne situiert ist. Des Öfteren hat Manet sich aber auch vom Meer inspirieren lassen. Das Van Gogh Museum in Amsterdam zeigt nun bis September rund 30 seiner maritimen Gemälde.

In Zusammenarbeit mit dem Art Institute of Chicago und dem Philadelphia Museum of Art ist eine Ausstellung entstanden, die nicht allein die Seebilder Manets, sondern – und das erstmals – auch die der Impressionisten zum Thema macht. Dabei wurde wohlweislich darauf geachtet, Manets Sonderstatus innerhalb der Gruppe der Impressionisten zu wahren. Nachgezeichnet wird hingegen der künstlerische Austausch, der zwischen Manet und seinen Künstlerkollegen stattfand. Ausgewählten Werken von Manet stehen jene von Monet, Renoir oder Jongkind gegenüber, die mit ähnlichen Sujets zeigen. Um dem Betrachter eine Unterscheidungshilfe zu geben, wurden zwei Farbtöne für den Hintergrund gewählt – einer für Manets Bilder, einer für die Vergleichsstücke.

Auch wird das Thema in die bis ins 17. Jahrhundert zurückreichende Gattung der Seestücke eingebettet. Wenige Beispiele verdeutlichen, dass Manet zwar thematisch darauf Bezug nimmt, sich aber durch ungewohnte Blickwinkel, ausgefallene Kompositionen und eine begrenzte Farbskala von den Vorbildern löst.

Der Parcours beginnt mit Manets erstem Seebild, der dramatischen Wiedergabe der „Schlacht zwischen der U.S.S. Kearsarge und der C.S.S. Alabama“ (1864). Zeitungsartikel, die über das Ereignis berichteten, haben Manet als Hintergrund für die bildnerische Umsetzung gedient. Auffallend ist, dass das Geschehen im Bild ohne den historischen Hintergrund kaum nachvollziehbar wäre. Mehrere Schiffe auf offener See und eine dicke Rauchwolke sind zu sehen, doch nicht der Grund für den Qualm. Auch sonst gewinnen Manets Bilder nicht durch ihre Sujets, sondern eher durch die Art

der Darstellung an Dramatik. „Mondlicht, Boulogne“ (1868) zeigt z.B. eine am Hafen wartende Menschengruppe. Die nächtliche Szenerie hat Manet in wenigen dumpfen Farbtönen wiedergegeben, nur die Menschengruppe ist vom Mondlicht hell erleuchtet.

Ein kleines Highlight der auf zwei Etagen verteilten Schau ist ein Original-Skizzenbuch

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von Manet, der seine Gemälde stets im Atelier ausführte und nicht - wie es die Impressionisten bevorzugten - im Freien. Ein solches Skizzenbuch führte der Künstler während seiner Aufenthalte an der französischen Atlantikküste stets bei sich, um die gewonnenen Inspirationen vor Ort festhalten zu können. Das Buch ist selbstverständlich hinter Glas, doch eine Bildschirmanimation ermöglicht dem Betrachter, darin „zu blättern“.

Den Schlussakzent bildet wiederum ein auf historischen Tatsachen beruhendes Gemälde: „Die Flucht des Henri Rochefort“ (1880). Hier war es die dramatische Flucht des Journalisten Rochefort aus einer französischen Strafkolonie, die Manet zur bildlichen Umsetzung anregte. Beide Versionen, die große und die kleine, sind in der Ausstellung zu sehen.

Am Ende des Rundgangs ist man verblüfft, dass es auch an einem so berühmten Künstler wie Manet noch unbekannte Seiten zu entdecken gibt. Der Katalog resümiert zu Recht, dass Manet weiterhin als „Maler des modernen Lebens“, als Porträtist in Erinnerung bleiben wird. Und dennoch: „In seinen Bildern vom Meer griff Manet ein Sujet auf, das von Klischees und Konventionen geradezu überladen war, doch mit einer relativ kleinen Zahl von Bildern gelang es ihm, dieses gesamte Genre wiederzubeleben und zu verändern.“

 

Weitere Informationen


 
Kurzführer (deutsch): mit einem Text von Museumsdirektor John Leighton, 10 Euro
Katalog (englisch): 40 Euro


Öffnungszeiten

Täglich von 10 bis 18 Uhr, Freitag 10 bis 22 Uhr

Anfahrt

Straßenbahnen 2,5,3,12

Eintritt

Erwachsene 12,50 Euro, bis 17 Jahre 2,50 Euro, bis 12 Jahre frei

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