Ausstellungsbesprechungen

Elfriede Trautner – Zeichnungen und Druckgrafiken, Lentos Kunstmuseum Linz, bis 29. Januar 2012

Elfriede Trautners künstlerisches Lebenswerk zeigt, wie sie als Frau die sozialen Strukturen im Linz der 1960er und 1970er Jahre wahrnahm und bewältigte. Das Lentos würdigt diese zu unrecht vergessene Künstlerin mit einer Ausstellung ihrer frühen Zeichnungen und Kaltnadelradierungen. Günter Baumann hat sie sich angesehen.

Elfriede Trautner scheute zeitlebens die Öffentlichkeit, und an der Selbstvermarktung war sie schon gar nicht interessiert. So kam es, dass die Künstlerin, die manche als eine der besten Grafikerinnen in Österreich einschätzten, 1989 vereinsamt starb. Allmählich regte sich in den folgenden zwei Jahrzehnten der Markt, die Preise für ihre grandiosen Zeichnungen zogen deutlich an, aber erst jetzt, zumal nach der Werkschau im Lentos Kunstmuseum Linz, dürfte sie im allgemeinen Bewusstsein angekommen sein.

Wer ihren Namen bislang nicht auf dem Schirm hatte, kann ohne Abstriche die frühe Einschätzung von Freunden unterschreiben: Hier ist eine Weltklassekünstlerin zu entdecken, die nicht allein in der Zurückgezogenheit, sondern die diese selbst lebte. Die Vereinsamung ist in ihrem Werk Programm, und zwar in einer auch die eigene Situation nicht schonenden Prägnanz, frei von jeglichem Wehmut.

Ob nun die gegenwärtigen Wiederbelebungsversuche der figurativen Kunst aus den 1970er und 1980er Jahren für das sprunghaft gestiegene Interesse an den Zeichnungen und besonders den Stichen von Elfriede Trautner verantwortlich sind, oder ob es mehr um eine Wiedergutmachung an einer verkannten Persönlichkeit geht, sei dahingestellt. Betrachtet man jedoch Arbeiten jüngerer Kolleg(inn)en, etwa die Zeichnungen der nicht minder begabten und möglicherweise von der älteren Grafikerin inspirierten Käthe Schönle, so scheint in Trautners Werk eine Kraft zu schlummern, die noch bis in unsere Zeit nachwirkt.

Aufgewachsen ist die 1925 geborene Elfriede Trautner bei den Großeltern, 1946 zog sie als Sekretärin am Brucknerkonservatorium nach Linz, wo sie sich nebenbei als Künstlerin ausbilden lässt. Ihrem Brotberuf ging sie übrigens über drei Jahrzehnte nach, bis sie 1980 den Professorentitel ehrenhalber verliehen bekam. Sensibel reagierte sie auf die Technisierung, die Zerstörung der Natur sowie auf das rückständige Frauenbild in der Gesellschaft. Ihre ständigen Zweifel an sich selbst, die Verzweiflung über die teilweise wohl auch selbstverschuldete Isolierung schlugen sich in einer düsteren Palette nieder – auch die Zeichnungen zeigen allenfalls Farbnuancen.

Hinter dem Schwarzweiß der Radierungen konnte sie sich dank dieser Unfarbigkeit eine eigene Welt aufbauen, die eine Nähe zum fantastischen Realismus, zuweilen mit surrealem Einschlag aufwies. »Mich fasziniert die Technik der Radierung«, so meinte die Künstlerin, »es bewegt mich das Ausgesetztsein, es ängstigt mich die Leere u. die Welt als Falle … Eine große Rolle spielen in meinen jetzigen Kompositionen die Trümmer. Trümmer als funktionslos gewordenes Detail.« Bewusst pflegte sie eine Hassliebe zur Kunst, die sie ausdrücklich in einen Rauschzustand versetze: »Sie lässt mich nicht los«, bemerkte Trautner einst. Das Kunstmuseum, das selbst im Besitz etlicher Werke Trautners ist, zeigt rund 80 Arbeiten aus allen Schaffensphasen der Künstlerin, wenn auch die qualitativ stärkeren Kaltnadelradierungen der 1960er und 1970er Jahre dominieren.

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