Ausstellungsbesprechungen

Enovos Preis Junge Kunst 2010, Wilhelm-Hack-Museum, Ludwigshafen am Rhein, bis 18. Juli 2010

Der Preis Junge Kunst der Enovos gehört inzwischen zu den renommiertesten Kunstpreisen für NachwuchskünstlerInnen bis zum Alter von 35 Jahren. Für viele Künstler ist die Teilnahme an diesem Wettbewerb Start einer viel versprechenden Karriere. Günter Baumann hat sich die Künstler angesehen.

Neidische Blicke sind ihr sicher, der Enovos Deutschland AG, bis 2009 bekannt als Saar Ferngas AG, wenn sie im Zweijahresrhythmus den Preis für Junge Kunst auslobt (neben diesem Kunstpreis fördert die Unternehmensgruppe auch »neue Talente« in den Bereichen Sport und Wissenschaft): Denn den ersten drei Siegern winken Preisgelder von 10000, 8000 und 5000 Euro. Da bleibt nicht nur jungen Künstlern die Spucke weg, aber nur diesen bis 35-jährigen Kreativen steht der Weg offen zur Nominierung. Kein Wunder, dass der Run gewaltig ist, zumal seit 1992 aus dem regionalen- ein bundesweiter Preis geworden ist und im Jahr 2010 erstmals auch Bewerber aus Luxemburg und Lothringen zugelassen sind. So filterte die Jury aus hochkarätigen Mitgliedern unter 1300 Künstlern 42 Aspiranten heraus – darunter übrigens 23 Frauen und zwei Duos –, die nun in Ludwigshafen nicht nur dem geneigten Auge des Besuchers, sondern auch dem kritischen Blick der Juroren ausgesetzt sind: Am 18. Juli soll dann der Gewinner während der Finissage bekannt gegeben werden. Für diesmal heißen die Preisrichter: Dr. Britta E. Buhlmann (Direktorin Museum Pfalzgalerie Kaiserslautern), Dr. Lucien Kayser, Luxemburger Kurator, Dr. Ralph Melcher , Vorstand Stiftung Saarländischer Kulturbesitz (Saarbrücken), Heribert C. Ottersbach, Professor für Malerei und Grafik an die Hochschule für Grafik und Buchkunst, Konrad Reinert (Vertreter der Enovos Deutschland AG, Saarbrücken), Dr. Reinhard Spieler (Direktor Wilhelm-Hack-Museum, Ludwigshafen) sowie Prof. Dr. Wolfgang Ullrich (Professor für Kunstwissenschaft und Medientheorie, Karlsruhe).

Unbeschriebene Blätter sind nicht grundsätzlich dabei. Vielmehr tragen manche Künstler eine gediegene Vita mit sich herum: Philip Loersch beispielsweise, der mit seinen Polystyrol-Cutouts, welche Zeichnungen aus Tusche, Lack, Farb- und Bleistift in Raumobjekte verwandeln, tanzt zur Zeit auf so vielen musealen Parketts, dass man sich über seine Produktivität nur wundern kann (wie auch über die außerordentliche Technik), oder Bernadette Wolbring, die etwa mit verfremdeten Fotobearbeitungen von Vermeer-Gemälden zauberhafte Räume schafft. Die Palette der vorgestellten Positionen ist erfreulich in ihrer Fülle und in der Qualität. Egal wer am Ende das Krönchen aufbekommt, auszeichnungswürdig ist schon diese ganze Auslese, die einmal mehr zeigt, dass die aktuelle Kunst alles andere als tot ist. Bei den letzten Preisträgern mögen die neuen Medien inklusive der Fotografie dominieren, was ein subjektiver Grund sein kann, aus der Liste der Künstler(innen) gerade diejenigen hervorzuheben, die den klassischen Gattungen nachgehen. Da wäre die in Berlin lebende kolumbianische Malerin Catalina Pabón, die stereotype Landschaftspastelle auf Papier zeigt und unter romantischen Anspielungen die einmal dramatische, einmal stille Erhabenheit der Natur in gefährdeten Zeiten vor Augen führt. Ganz spröde sind dagegen die stilsicheren Arte povera-Reminiszenzen der Französin Aurélie Muwama, die mit Zeichnungen auf Kartons zwei- und dreidimensionale Kleinkosmen entwirft. Die Malerei, die ohnehin in den letzten Jahren allgemein an neuem Selbstbewusstsein gewonnen hat, ist mit sehr guten Künstlern präsent: Daniel Mohr, der seine realistischen Motive in der reinen Peinture sucht, oder Tomomi Morishima, der ein ähnliches Ziel in kräftigeren Farben erreicht. Dazu kommen die clownesken Szenerien von Florian Meisenberg, der eben aus der Schule Peter Doigs ins Rampenlicht trat. Maria Kropfitsch bewegt sich souverän zwischen Malerei und Zeichnung, während Su Kim Poesie und Skulptur in atemberaubenden Glasobjekten vereint, bezeichnenderweise mit dem Titel »Schönheit in der Ordnung«. Zurückgewandt sind die jungen Werke keineswegs: die Schönheit hat zurzeit Konjunktur. Das trifft natürlich auch die Multimedia-Installationen in der Schau. Besonders Özlem GünyoL / Mustafa Kunt aus Ankara fallen lichtvoll ins Auge, wie auch Julien Grossmann, der sich in einer Phantasmagorie monarchischen Untergängen widmet. Die Reihe dieser rundum beeindruckenden Leistungsschau könnte beliebig weitergehen, vielfach steht man begeistert vor Arbeiten, die mit allen möglichen Mitteln alten Themen innovative Seiten abgewinnen. Nicht zuletzt in den großformatigen C-Prints Johanna Diehls zeigt sich, dass auch der zeitkritische und politische Auftrag der Kunst nicht zu kurz kommt: menschenleer, ja augenscheinlich von Gott und der Welt verlassen gibt sie zerstörten Kirchen und Moscheen auf Zypern ihre letzte Würde wider – eine verhaltene Anklage gegen den Zerstörungswahn der Menschen in ihrer religiösen Verblendung.

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