Ausstellungsbesprechungen

Ensor ontmaskerd, Espace culturel ING, Brüssel, bis 13. Februar 2011

Die Brüsseler Ausstellung anlässlich von James Ensors 150. Geburtstag (1860–1949) stellt die Gemälde und Grafiken des Künstlers einander gegenüber, um das mentale Universum und die Genesis dieser Meisterstücke aufzuzeigen. Der Besucher soll so auch mit dem Ideenreichtum Ensors vertraut gemacht werden. Günther Baumann hat sich alles für Sie angeschaut.

Während die bereits im Januar zu Ende gegangene Schau im Palais der Schönen Künste (Brüssel) Ensors Verhältnis zur Musik und Literatur (»Ensor, componist en schrijver«) beleuchtete, geht es im Kulturzentrum um das Thema der Entlarvung, Demaskierung, das wahre Gesicht – so ließe sich mit dem Begriff »ontmaskerd« assoziieren – bei Ensor. In drei Abteilungen wird der Künstler als Maler von Stillleben, Interieurs und Porträts sowie als Phantasmagorist einer Welt der Intriganten, Maskierten und Schattenweltler und schließlich in Fotos, Schriften, Notizen und anderen Dokumenten als Mensch selbst vorgestellt. Wer von Deutschland aus in diese Welt von Ensor eintaucht, bringt zwar schon eine gute Vorstellung von dessen Werk mit – längst gehört der in Oostende geborene Maler zum Repertoire – , dennoch bekommt man den »ganzen« Ensor nur selten zu Gesicht. Auch in den Brüsseler Ausstellungen sind etliche Arbeiten aus Privatsammlungen zu sehen. So lernt man einen grandiosen Zeichner kennen, der sich an Rembrandt, Frans Hals und anderen orientierte und man findet ein Werk vor, das auch fernab vom allseits bekannten Symbolisten faszinierende Facetten zeigt: Als fast impressionistischen Salonmaler oder als politisch-satirischen Zeichner und modernen Historienmaler. Noch bevor er als Schöpfer grotesker Maskeraden ins Bewusstsein der Betrachter kommt, erkennt man den begnadeten Koloristen. Nur bleibt auch in Brüssel kein Zweifel: Die Kunstgeschichte hat keinen zweiten Maler hervorgebracht, der das menschliche Dasein im Vorfeld des Expressionismus derart überzeugend als Maskerade entlarvt hat. Dabei stellt er die verschiedenen -Ismen schon dadurch in Frage, als er sich auch als (nicht nur) karnevalesken Realisten präsentiert. Noch der 80jährige Maler folgte dem quasi-närrischen Treiben seiner Zeitgenossen mit scharfem Blick und Denkvermögen.

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