Ausstellungsbesprechungen

Eugène Delacroix

Er ist einer der bedeutendsten Maler des 19. Jahrhunderts, der das 17. wiederbelebt und das 20. vorbereitet hat – kurzum: ein Jahrhundertkünstler. Und um ein solches Kaliber nach Karlsruhe zu bringen, das ja nicht gerade eine Delacroix-Hochburg ist, muss man schon runde 70 öffentliche und private Sammlungen aus acht Ländern bemühen. Dafür bekam die badische Metropole über 200 Gemälde, Zeichnungen und Grafiken, die im Querschnitt alle Lebens- bzw. Werkstufen des französischen Romantikers zeigen.

Nach 15 Jahren ist diese Ausstellung die erste große Überblicksschau in Deutschland. Dass freilich manche Hauptwerke – darunter die Louvre-Bilder »Die Freiheit führt das Volk auf die Barrikaden«, die »Dantebarke«, das »Gemetzel von Chios« und »Der Tod des Sardanapal« – nicht darunter sind, ist zu bedauern, aber schon aus versicherungstechnischen Gründen verständlich; in Anbetracht der Fülle des Gebotenen kann man dies sogar gut verschmerzen.

 

 

Schubladen jedweder Art scheinen für Delacroix zu eng: Ob er Romantiker war, ist schon deshalb schwer zu entscheiden, weil der Stilbegriff in Deutschland eine ganz andere Tragweite hat und da auch noch allzu komplex ist – vielmehr konzentriert sich all das auf die Person Delacroix’, was über Klassizismus (Ingres) und Realismus (Courbet) nicht fassbar ist –; Landschafter, Historien-, Bildnis-, Tier-, Sillleben- oder Genremaler, Darsteller literarischer, mythologischer oder biblischer Szenen, der er war, lässt er sich auch nicht festlegen auf ein besonderes Genre oder Sujet – vielmehr war er überall zu Hause, wo es Bewegung auszudrücken gab –; und bei aller Akzeptanz und Würdigung als nationaler Künstler geht der Franzose weit über die Grenzen hinaus, man denke an den von ihm wesentlich bestimmten Orientalismus, an seinen Einsatz für Griechenland in ihren Auseinandersetzungen mit der Türkei. Darüber hinaus mag er vor allem als Maler in die Geschichte eingegangen sein; nicht weniger bedeutsam ist Delacroix als Lithograph, der das relativ neue Medium etwa mit seinen Illustrationen zu Goethes »Faust« und Shakespeares »Hamlet« zu einer ersten Blüte führte.

  

Die Karlsruher Ausstellungsmacher versteigen sich also gar nicht erst, das grandiose Werk erschöpfend vorzustellen. Eher exemplarisch lenken sie den Blick auf die Einzelfacetten und folgen – bildlich gesprochen – der Lichtspur: spätestens 1832 entdeckte Delacroix während einer Reise nach Marokko den Reiz des Lichtes, das er fortan in barock bewegten Gemälden und farbüberfluteten Aquarellen einzufangen versuchte. Rubens und Constable vor Augen, schuf er ein postbarockes Universum, das nicht nur Cézanne und van Gogh, sondern auch Picasso hoch schätzten. Baudelaire, der Vater der Moderne, war des Lobes voll – »vorzüglich, wunderbar und leidenschaftlich« fand er die Gemälde seines Landsmannes, ja »leidenschaftlich in die Leidenschaft verliebt« den Maler. Gegliedert ist die Schau in drei Perioden: das Frühwerk bis 1831 mit teilweise noch akademischer Zurückhaltung, aber auch mit den bahnbrechenden lithographischen Folgen zum »Faust«; die Zeit von der Marokkoreise 1832 bis1847 und zu guter Letzt das späte, energiegesättigte Werk bis zum Tod 1863.

  

Was macht diesen barocken Geist so modern? Unabhängig, ob Delacroix eine Historienszene oder eine mythologische Götterschar oder beißwütige Tiger malt, entscheidend ist die spontane Behandlung der Farbe und eben des Lichts. Dazu kommt eine Befindlichkeit, die Théophile Gautier zusammenfasste in den Vokabeln Liebe und Wahnsinn, Überschwang und Überdruss, Tatendrang und Melancholie – wobei Delacroix selbst bemüht war, seine emotionale Teilnahme hinter einer gewollten Kaltblütigkeit zu verbergen. Alles in allem entsteht vor den Augen des Betrachters »ein gewaltiger Hymnus zu Ehren des unvermeidlichen Verhängnisses und des unheilbaren Schmerzes« (Baudelaire) in der Existenz des modernen Menschen – und, ein wenig lapidarer, ein »Fest für die Augen« (Delacroix).

Weitere Informationen

Öffnungszeiten

 

Dienstag – Sonntag 10–18 Uhr Uhr

 

Eintrittspreise

 

Einzelkarte € 8,- / 6,-

Familienkarte € 16,-

Schüler € 3,50

 

Führungen und Veranstaltungen

 

Dienstag – Sonntag jeweils 11 und 15 uhr

Privatgruppen nach Vereinbarung

Anmeldung: 10–13, 14–16 Uhr unter: \"\"\"\"\"\"\"\"\"\"\"\"\"\"\"\"\"\"\"\"\"\"\"\"0721-9263575\"\"

 

Am 17. Januar 2004 findet (nach dem 15. November) eine zweite Delacroix-Nacht statt, die außer Sonderführungen zu später Stunde auch französische Musik aus dem 19. Jahrhundert unters Volk bringt. Vorträge runden die Veranstaltungsreihe ab: am 22. Januar spricht Prof. Peter Rautmann über die künstlerische Rezeption von Delacroix; am 29 Januar folgt Prof. Albert Gerhards über die religiösen Aspekte im Werk des Künstlers.

 

Für Kinder

Begleitausstellung im Kindermuseum: Wilde Tiere, Orient und Abendland. Geschichten zu Bildern Eugène Delacroix

Dienstag – Freitag 10–17 Uhr

Samstag, Sonntag 10–18 Uhr

 

Anmeldung über die Museumspädagogik

Montag – Donnerstag 14–17, Freitag 14–16 Uhr unter: \"\"\"\"\"\"\"\"\"\"\"\"\"\"\"\"\"\"\"\"\"\"\"\"0721-9263370\"\"

(Fax: 0721-9262573, E-Mail: muse@kunsthalle-karlsruhe.de)

 

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