Porträts

Experimentelle Bühne - Der Kunsthof Jena e.V. im Porträt

Ein wenig versteckt in der Ballhausgasse findet sich auf dem alten Gelände einer Holzwerkstatt der Jenaer Kunsthof. Das Konzept, mehrere handwerkliche und bildnerische Gewerke zu vereinen, um Synergieeffekte zu erzielen, lässt die Räume einen Hauch der Bauhausphilosophie verströmen. Rowena Fuß hat sich den Ort näher besehen.

Der Kunsthof in Jena © Foto: Andre Helbig, Jena
Der Kunsthof in Jena © Foto: Andre Helbig, Jena

Der im Juni 2009 gegründete Hof besteht nicht nur aus einer Galerie für zeitgenössische Kunst, sondern auch aus einer Tischler- und Segelmacherwerkstatt, einem Ton – und Fotostudio sowie einem Atelier. Ausgestellt werden nur professionelle Künstler, »um ein hohes Niveau bieten zu können«, so der Vereinsmitgründer Robert Sorg. Ursprünglich wollte der Kunsthistoriker mit Freunden ein Geschäft in der nahen Zwätzengasse eröffnen, als ihm der ungenutzte Hinterhof in der Ballhausgasse auffiel. »Anhand des Ortes ist schließlich das Konzept vom Kunsthof entstanden«, erläutert er. Als Vorbild gelten im weitesten Sinne die Hackeschen Höfen in Berlin. Die Mischnutzung durch Kunst, Kultur, Wohnen, Gewerbe und Gastronomie schuf im 19. Jahrhundert ein Kulturzentrum am Hackeschen Markt zwischen Rosenthaler Straße und Sophienstraße, das sich bis heute erhalten hat.

»Einen Beitrag zur lebendigen städtischen Kultur zu leisten und ein aktives gesellschaftliches Bewusstsein hervorzurufen«, findet sich denn auch als Credo auf der Website des Jenaer Hofs. Um diesem Selbstverständnis gerecht werden zu können, bildeten sich — auch dank neuer Mitglieder — in den vergangenen zwei Jahren die Ressorts „Ausstellungen“, „Literatur“ und „Musik“. Als Folge der Vergrößerung und dem steigenden Bekanntheitsgrad ist es darüber hinaus möglich, gegenüber dem städtischen Kultur- und Marketingunternehmen JenaKultur als kulturelle Institution aufzutreten, merkt Robert Sorg an.

Groß geschrieben werden zudem Kooperationen mit Partnern wie dem Jenaer Theaterhaus oder der Literarischen Gesellschaft Thüringen e.V. In den Veranstaltungen zur »FrischFleischLounge« des Theaterhauses diskutierten die Dramaturgin Christin Bahnert und die Projektleiterin für das Programm der Literatur- und Kunstburg Ranis, Anke Scheller, mit interessierten Besuchern über kürzlich erschienene CDs, Filme, Bücher und andere neue Entdeckungen in der Kulturlandschaft. Daneben wurde der Kunsthof auch schon als Kulisse für das Theaterstück »Der dritte Weg« (2009) benutzt. Ein reichhaltiges Repertoire bieten obendrein die Lesereihe »Lautschrift«, die jungen Nachwuchsautoren und –musikern eine Bühne bietet, sowie Kurzfilmabende.

Aber auch die Galerie steht diesem bunten Treiben in nichts nach. Seit der Gründung des Kunsthofes konnten bereits 22 Ausstellungen mit nahezu allen Genres von regionalen wie überregionalen Künstlern realisiert werden. Möglich wurde dies durch interne stetig wachsende Netzwerke, wie Robert Sorg verrät. Ein persönliches Highlight waren für ihn die Zeichnungen von Egon Schrick, die postapokalyptische Landschaften zeigten. Weitere Leckerbissen waren die Klanginstallationen von Tim Helbig, die spannungsgeladenen realistischen Malereien von Lydia Linke und nicht zuletzt die Urban Art von Typism. Die letzte Ausstellung kam übrigens durch die im Hof beheimatete Musikkombo Klinke auf Cinch zustande, deren CD-Cover Typism gestaltete.

Im aktuellen Projekt »Offenes Atelier« steht Zusammenarbeit ebenfalls an erster Stelle. Der Ausschreibungsgewinner Moritz Gause schafft dazu jeden Tag ein Werk, an dem sich Besucher beteiligen oder als Anregung zu eigenen Schöpfungen nehmen können. Anschließend wird diese Gemeinschaftsproduktion in der Galerie ausgestellt. Danach wird es eine Gruppenausstellung mit Installationen von Absolventen der Dresdner Hochschule für bildende Künste geben.

Abschließend kann man wohl mit Fug und Recht behaupten, dass sich der Kunsthof in Jena gut etabliert hat. Auch Robert Sorg schaut mit vorsichtigem Optimismus in die Zukunft. Geradezu bescheiden sind diesbezüglich seine Wünsche: ein Fünfjahresplan und einer Fotografie- sowie Performanceausstellung.

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