Ausstellungsbesprechungen

Franz Gertsch, Aquarelle (Schottland 1961–1965)

Vielen dürfte es ähnlich gehen: Erwähnt man den Namen Franz Gertsch, denkt man an die fotorealistischen Bilder der 70er-Jahre – nachhaltig wirkte beispielsweise die Münchner „Patti Smith“ (1978), bei der man sich fragte, wie man eine solche Realstudie mit Acryl auf Leinwand, zumal mit Pinsel und nicht etwa mit der Spritzpistole in Szene bzw. auf Leinwand setzen konnte. Es waren malerische Inszenierungen eigener Diapositive, ins Monumentale vergrößert („Patti Smith“ misst 2,42 x 3,54 m).

Da die Technik vom Impressionismus abgeleitet war, geriet der Nahblick auf das Motiv zur abstrakten Auflösung: „Das Bild muss immer ein Bild bleiben und kein Ersatz für die Wirklichkeit werden“, so lautet die Devise des Schweizer Künstlers. Es mag sein, dass der eine oder andere Kunstfan über den abstrakten Expressionismus und die PopArt Gertsch aus den Augen verlor. Doch wie musste er überrascht gewesen sein, als er die riesigen Holzschnitte der 80er- und 90er-Jahre entdeckte – wieder in einer seltenen technischen Meisterschaft, die die Frage aufwarf, wie man nur diese Landschaften und Porträts auf handgeschöpften Papieren in einer solchen Brillanz herstellen könne: in einer eher als grob eingestuften Hochdrucktechnik. Vergleichbar dem wandelfähigen Genie Gerhard Richters erschien das Werk von Franz Gertsch, das auch mit weiteren malerischen Experimenten aufwartet (in Harz und Bienenwachs gebundene Mineralpigmente), in einem ganz anderen, ganz neuen Licht. Zu sehen waren die neuen Werke in einer imposanten Schau in Kleve.

 

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Kleve zeigt nun in einer Studioausstellung auch – nach der ersten Station in Zürich – frühe Aquarelle des Malers aus den 60er-Jahren, die drei schottische Folgen umfasst. Während seiner Reisen ins Hochland 1961, 1963 und 1965 schuf der spätere Gast auf der Documenta (1972) und auf der Biennale in Venedig (1978, 2003), noch auf künstlerischer Selbstfindungstour, ein halbes Hundert Aquarelle, von denen rund 30 Blätter zu sehen sind. Vordergründig tauchen die wettergetränkten Farbfelsen weit in die schottische Landschaft hinein, doch ballen sich diese bis an die Grenze der Abstraktion gehenden, erdigschweren bis lichtbeschwingten Pinselschichten zu realen Motiven zusammen, die spüren lassen, wie sich ein Künstler am Beginn seiner Karriere gegen den abstrakt-expressiven Zeitgeist stemmt und einen modernen Pfad zum figurativen Bild sucht. Gertschs Naturstücke sind sparsam aufgebaut, und wer sie genauer in den Blick nimmt, wird die spannende Nähe zur Romantik im Sinne eines Carl Rottmann oder Karl Blechen erkennen – ein Blick zurück nach vorn. Aber auch eine Linie, die Gertschs Werk bis in die Gegenwart begleitet. So werden die frühen Aquarelle zu Weg-Weisern für ein facettenreiches Werk, und sie präsentieren sich erstaunlich nahe an den jüngsten Vertretern realistischer Malerei.


Weitere Informationen

Öffnungszeiten

Dienstag bis Sonntag 11 bis 17 Uhr.

 

Eintritt

3,50 €/ermäßigt 2,-- €

 

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