Frischzelle_19: Mona Ardeleanu, Kunstmuseum Stuttgart, bis 30. März 2014

Seit November 2013 präsentiert das Kunstmuseum Stuttgart in seiner Reihe Frischzelle Werke von Mona Ardeleanu. In ihren Bildern beschäftigt sie sich nicht nur mit den Grenzen von Realität und Fiktion, Abstraktion und Figuration, sondern auch mit dem Verhältnis von Raum und Figur. Günter Baumann durchwanderte die Ausstellung.

Die Wirklichkeit ist selten das, was wir für sie halten. Die 1974 in Lörrach geborene Mona Ardeleanu macht dies in ihrem Werk mit Raffinesse deutlich. Nahezu altmeisterlich erschafft sie sich eine Bildwelt, die etwa den Faltenwurf kultiviert wie einst die Brüder Van Eyck & Co. Doch wie ist es zu bezeichnen, wenn der Faltenwurf nur sich selbst erkennbar macht – und alles darunter schlicht nicht existiert? Akribisch legt die Künstlerin Tücher in barock gerafften Fältelungen um ein Nichts, das mal ein Kopf sein könnte, mal ein unbestimmt räumlicher Körper und mal irgendein Behältnis. Da die Tücher mit Schnüren, Kordeln und Bändern umfasst sind oder artifizielle Troddeln zeigen und zuweilen sogar den Blick auf filigran geflochtene Haarzöpfe freigeben, fühlt der Betrachter sich zwar bestätigt, dass hier etwas umhüllt sein sollte. Sein Blick wird verführt durch Spitze, Fellteile und Stoffmuster – von geometrischen Rautenformen bis hin zu freien ornamentalen Mustern und floralen Motiven –, bis er gewahr wird, dass dies alles nur der Ablenkung dient: Stoff, der nichts umhüllt, muss sich der Frage nach seiner Realitätsnähe noch einmal unterziehen. Denn die Grenzen zur Abstraktion sind offenkundig. Indem ein gefalteter Stoff naturgemäß sein eigentliches Bildmotiv nur in unzähligen Brechungen zeigt, und die kleinstteiligen Details den Blick verunsichern, wendet sich das Wahrnehmungsfeld vom fotografischen Realismus zur abstrakt-phantastischen Arabeske und manchmal sogar zum dynamisch reduzierten Pinselstrich. Letzteres wird noch dadurch unterstützt, dass die Hintergründe vollkommen neutral sind, übrigens auch der gefühlte Raum um die Objekte herum, die somit wie Solitäre zu schweben scheinen. Mona Ardeleanu gehört einer Generation an, die mit der virtuellen Realität spielen gelernt hat, um die visuellen Gewohnheiten souverän aus den Angeln zu heben. Sie arbeitet weitgehend ohne Vorstudien. Die Künstlerin studierte in Stuttgart sowie als Gasthörerin in Karlsruhe, Wien und München. Zwar ist sie in der Region keine Unbekannte, da sie hier schon über die Galerie Rainer Wehr betreut wird. Doch eine museale Einzelausstellung mit ihren Werken hat es bislang nicht gegeben.

Diese Seite teilen

Besuchen Sie uns