Führungs-Check

Führungs-Check: Anselm Kiefer, Museum Frieder Burda, Baden-Baden

Mit der Ausstellung im Museum Frieder Burda stellt Anselm Kiefer zum ersten Mal seit seiner Übersiedlung nach Frankreich in seinem ehemaligen Heimatland Baden-Württemberg aus. Bei den Werken, die für die Ausstellung ausgewählt wurden, steht nicht die sonst oft als charakteristisch dargestellte Aufarbeitung deutscher Vergangenheit im Mittelpunkt, vielmehr dominieren mythologische Themen. Constanze Borchert hat für PKG eine Führung zur Ausstellung bewertet.

Allgemeines

  • Names des Museums: Museum Frieder Burda, Baden-Baden
  • Datum der Führung: 6. November 2011
  • Art der Führung: Öffentliche Führung durch die Ausstellung "Anselm Kiefer"
  • Preis: 3€

Gesamteindruck
Die Führung beginnt mit einer Kurzvorstellung des Museums, der Sammlung Grothe und unserer Führerin, die Kunsthistorikerin ist und für das Haus arbeitet.
Die gesamte Führung wird über ein Audiosystem durchgeführt, das schon vor dem ersten Gemälde »Der fruchtbare Halbmond« dafür sorgt, dass sich die relativ große Gruppe von knapp mehr als 20 Personen, die meist über 50 Jahre alt sind, weiträumig vor dem großformatigen Bild verteilt. Anschaulich beginnt die Erläuterung mit einer Beschreibung des Werkes und die Teilnehmer werden sofort angehalten kleinere Details selbst zu entdecken. Schnell kommt auch die erste Frage an die Teilnehmer zum Titel des Bildes und für alle ist klar, dass es um das Zweistromland geht und man eine Art Turm zu Babel vor sich hat. Von dessen Ruinen kommt man ganz automatisch zu Kiefers Biografie als Nachkriegskind.

Anhand der folgenden Werke werden nun die Arbeitsweise des Künstlers, seine Materialien und seine wichtigsten Themen sowie literarische Quellen erläutert. Scheinbar assoziativ geht es von Bild zu Bild, von Etage zu Etage. Manchmal verführt das Audiosystem die Führerin dazu, schon mit dem Sprechen anzufangen, wenn noch nicht alle Teilnehmer vor dem Bild angekommen sind. Auch Querverweise auf Werke, die nur mit fünf Sätzen in der Führung auftauchen, wirken manchmal seltsam, wenn man sich dabei gar nicht direkt vor dem entsprechenden Werk befindet.

Immer wieder sucht die Kunsthistorikerin den Blick der Teilnehmer, beantwortet zahlreiche Fragen mit Sachkenntnis und stellt selbst Fragen, um auf wichtige Schlüssel für die Deutung der Bilder zu verweisen. Der Dialog verhindert, dass die vielen nötigen Verweise auf die literarischen Werke, von denen Kiefer sich inspirieren ließ, zu langatmig werden. Ob es sich dabei nun um ein Gedicht von Ingeborg Bachmann oder eine biblische Geschichte handelt, alle werden kurz umrissen, damit alle auf demselben Wissensstand sind.

Auch andere Medien wie eine Bildtafel kommen zum Einsatz. Die Architektur des Museums kommt zur Sprache, wenn die Fenster mit dem Blick in den Park die Werke Kiefers umrahmen und sofort sind wir bei Kiefers Verwendung von Naturmaterialien.

Ganz im Sinne Kiefers werden die Deutungsansätze aber immer nur angeboten und der Besucher aufgefordert, das Bild selbst zu erforschen und seine eigenen Schlüsse zu ziehen. Denn für den Künstler vollendet der Betrachter das Bild. Er meint, dass jeder von Natur aus eine Ahnung von den Mythen habe, die am Anfang seines assoziativen Schaffensprozesses stehen, und könne daher selbst die Aussage der Werke finden.

Am Ende der Führung, nach einer Stunde, hat die Führerin es geschafft, dass ein Gesamteindruck von Kiefers Werken und Ideen geblieben ist. Nun besitzt man selbst das Handwerkszeug, um die Werke zu deuten. Während also die Letzten noch ihre Fragen stellen, haben sich schon die ersten Besuchergruppen gebildet, die unter sich weiter diskutieren. — Es gibt wohl kaum ein besseres Indiz für eine gelungene Führung.

Bewertung

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