Führungs-Check

Führungs-Check: Neo Rauch, Museum Frieder Burda Baden-Baden

Die große Sommerausstellung 2011 im Museum Frieder Burda stellt mit Neo Rauch (*1960) einen der international bekanntesten deutschen Künstler der Gegenwart vor. 36 Hauptwerke der letzten zwanzig Jahre bieten einen eindrucksvollen Blick auf das Schaffen des Leipziger Malers. Elena Korowin hat eine Führung zur Ausstellung bewertet und war überhaupt nicht zufrieden.

Allgemeines

  • Name des Museums: Museum Frieder Burda
  • Datum der Führung: 12. Juni 2011
  • Art der Führung: öffentliche Führung durch die Ausstellung "Neo Rauch"
  • Preis: 3€

Gesamteindruck
Die Führung durch die Ausstellung eines der bekanntesten deutschen Maler der Gegenwart könnte bei Schulungsveranstaltungen als ein Negativbeispiel aufgeführt werden, wie man zeitgenössische Kunst auf keinen Fall vermitteln darf. Der junge Museumsmitarbeiter war sichtlich aufgeregt und fühlte sich nicht wohl in seiner Haut – eine Situation, die man mit Charisma und interessanten Erklärungen auflockern kann. Leider ist es ihm an diesem Nachmittag nicht gelungen. Mit einem ständigen Kopfwackeln und Zappeln führte der Guide seine Gruppe von Bild zu Bild und lieferte unambitionierte Bildbeschreibungen, für die er in der Schule bestimmt keine gute Note bekommen hätte. Doch es war kein Schulunterricht – seine Zuhörer waren erwachsene Menschen, die zweifelsfrei selbst erkennen konnten, was auf Rauchs Gemälden dargestellt ist. Besonders bei diesem Künstler, der der figurativen Tradition verpflichtet ist, stellt das Erkennen der Bildgegenstände keine Schwierigkeit dar. Diese Schwäche für das detailgetreue Beschreiben hätte man der Führungskraft auch verzeihen können, wenn nachfolgend noch etwas Geistreiches erzählt worden wäre oder zumindest Informationen, die ein durchschnittlicher Besucher nicht selbst den Gemälden entziehen kann. Nein – je weiter die Führung fortschritt, desto weniger Lust hatte man der unaufgeräumten Alltagssprache eines Zwanzigjährigen zuzuhören. Bereits im Mezzanin des Museums, das die zweite Station der Führung war, konnte ich Menschen beobachten, die ihren Kopfhörer abnahmen und die Bilder betrachteten, ohne der Führung zu folgen. Zu viele Plattitüden und oberflächliche Informationen prasselten auf die Zuhörer nieder. Man hatte das Gefühl, das der Museumsmitarbeiter überhaupt keinen Zugang zu Rauchs Kunst finden kann. Seine Sprache war ausdruckslos, aufgesetzt und pseudo-wissenschaftlich, so als würde er auswendig gelernte Sätze aufsagen. Wahrscheinlich war es auch so. Es gab keinen Raum für Eindrücke oder Diskussionen, es war, als hätte man sich einen schlechten Audioguide ausgeliehen und wüsste nicht, wo der Aus-Knopf ist.

Die Führung war chronologisch aufgebaut und mit vielen biografischen Details versehen, die wirklich interessanten Beiträge gingen im monotonen Redefluss unter, der mit kunstwissenschaftlichen Allgemeinplätzen gespickt war. „Abstraktion versus Figuration“ wurde oft angekündigt, es wurde darauf aber nicht weiter eingegangen. Es wurde erzählt, dass für Rauch Leipzig der Wohnsitz des „schöpferischen Geistes“ ist. Aber was ist an Leipzig und seiner Umgebung so besonders? Wo positioniert sich ein Künstler aus der ehemaligen DDR, der in seiner Heimat geblieben ist, im Vergleich zu Anderen? Was ist das Besondere an seinen frühen Bildern aus den 90er Jahren? So viele Fragen blieben offen oder wurden nicht einmal gestellt. Es gab eine minutenlange Erklärung, wer denn die Surrealisten waren, aber keine zu Bernd Heisigs Kunst oder zum erwähnten Merz Bau. Der Mensch und die Landschaft im Zusammen- und Gegenspiel wurden überhaupt nicht beachtet. Die Gruppe wanderte stumm umher, keine Fragen, keine Reaktion auf das Gesagte. Als erfahrene Führungskraft weiß ich, dass es nicht leicht ist, zeitgenössische Kunst zu vermitteln. Doch gerade die Malerei von Neo Rauch bietet so viele Anhaltspunkte und spannende Momente für eine lebendige Führung. Ob man seine Kunst mag oder nicht spielt dabei keine Rolle, es gibt auch in seiner Präsenz auf dem Kunstmarkt und in seinen Motiven Unmengen an Diskussionsstoff für gebildete erwachsene Menschen, wie sie in der Gruppe vertreten waren. Der junge Kunstvermittler hat es nicht geschafft sein Publikum an diesem Tag für Neo Rauchs Kunst zu begeistern oder sie zu hinterfragen. Ein unbefriedigendes Gefühl stellte sich ein. Das einzig Produktive dieser Führung war der nachträgliche Diskussionsbedarf über ihre Qualität.

Bewertung

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