Ausstellungsbesprechungen

Game Masters, Museum für Kunst und Gewerbe Hamburg, bis 23. April 2017

Die Desinfektionsmittelspender machen es gleich deutlich: »Game Masters« ist eine Ausstellung zum Anfassen. Und Spaßhaben. Rowena Fuß hat das Monsterverdreschen als »Castle Crasher« sogar so viel Vergnügen bereitet, dass sie fast alle kritische Reflexion vergessen hätte.

Es ist, als ob man von einem schwarzen Loch verschluckt würde. Dunkel und schmal ist die Tür im zweiten Stock des Museums, wo es in die Ausstellung geht. Wer hier durchgeht, stolpert zuerst noch etwas orientierungslos vorwärts. Doch dann sieht er die Lichter, die seinen Weg für die nächsten Stunden säumen werden. Es handelt sich um insgesamt über 100 Bildschirme, die die Düsternis erhellen. Jeder steht für ein Game, das gezockt werden darf.

Pac-Man, Diablo III, Machinarium oder Super Mario Bros. Ob Point-and-Click, Jump’n’Run, Simulation, Hack-and-Slash oder MMORPG, aus jeder Sparte ist mindestens ein Spiel vorhanden. So gibt die Schau einen umfangreichen Einblick in die Entwicklung der Video- und Computerspiele von den 1970er und 1980er Jahren bis heute. Ebenso werden über 30 internationalen Videospiel-Designer und Kreativteams vorgestellt, die in Interviews auch selbst zu Wort kommen. Ein wichtiger Aspekt, sagt Kurator Dennis Conrad. Denn gerade die Erfinder der bunten Welten sind der breiten Öffentlichkeit oftmals gar nicht bekannt. Etwa 200 Entwurfsskizzen und Figurenmodelle machen denn auch neben den Interviews Gestaltungsprozesse sichtbar. Zuletzt wirft die Ausstellung einen Blick auf die verschiedenen Geräte (Spieleautomaten, Konsolen und Smartphones).

Theoretisch überfrachtet ist »Game Masters« somit nicht. Ziemlich schnell ist man in einer Spielegalaxie verschwunden und überschreitet die fünf Minuten, die laut Hinweis am Eingang jedem Spieler zugestanden werden. Für ein ausladendes Spielevergnügen lohnt es sich daher, wochentags in die Schau zu gehen, wenn es etwas leerer ist.

Wirklich still ist es aber auch dann nicht. Zu der ständigen, wenn auch leisen Geräuschkulisse, eines jeden Spiels kommen die Unterhaltungen der Gamer. Diese reichen vom Fachsimpeln über die einzelnen Spiele bis zu strategischen Besprechungen. So wird auch schon mal der Großvater vom Enkel belehrt, was er bei »Lego Harry Potter« zu machen hat.

Dieser vielleicht sechsjährige Junge weist darüber hinaus auf eine tiefere Dimension der Schau hin, dem Werben um das Publikum. 2012 hat es das New Yorker Museum Modern Art vorgemacht und 14 Videospieleklassiker für die Sammlung erworben, darunter Pac-Man, Tetris und SimCity 2000. Weitere Games sollen folgen. Mit dem Erwerb wollte man einem Zeitgeist Rechnung tragen, in dem Design eine immer größere Rolle einnimmt. Dass es nun ausgerechnet Spiele getroffen hat, darf angesichts hart umkämpfter Besucherzahlen – und öffentlicher Gelder – nicht verwundern: Bergen sie doch die Hoffnung, ein jüngeres Publikum für diese altehrwürdige Institution zu begeistern.

Dies dürfte dem Hamburger Museum für Kunst und Gewerbe mit »Game Masters« gelungen sein. Was die Schau selbst an Theorie und Reflexion vermissen lässt, wird über das Begleitprogramm abgedeckt. Die nächsten Veranstaltungen beinhalten nicht nur einen Vortrag zum Thema E-Sports, inklusive einem Public Viewing zum Spiel »League of Legends«, sondern auch zur Games-Entwicklung in Hamburg und digitaler Spielekultur in Deutschland.

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