Ausstellungsbesprechungen

George Pusenkoff: Mona Lisa und das Schwarze Quadrat

George Pusenkoffs Arbeiten sind Reisende der Kunst und der Kunstgeschichte: Seine computerunterstützten Zitate aus dem Fundus alter Meister schickt er durch die Welt.

So machte er sich auch auf mit seiner »Mona Lisa« – eines der meistkopierten, -zitierten, -persiflierten und –parodierten Gemälde der Welt – und ließ sie in seiner russischen Heimat bis in die Provinz reisen. Während seiner Beschäftigung mit Leonardos Gioconda baute sich Pusenkoff einen 6m hohen, oben offenen Turm mit einem Durchmesser von fast 10m, der nach Stationen in Moskau (2004) und Venedig (Biennale 2005) vom Museum Ritter aufgekauft wurde. Der äußerlich spröde, schwarze Aluminiumbau lebt im Inneren in allen Regenbogenfarben auf: 500 quadratische Porträts von Mona Lisa blicken den Besucher an als Fortführung der Warholschen Serienkunst – dass das farbliche Regenbogenraster an einer Stelle schwächelt, ist in Waldenbuch lange nicht aufgefallen, aber das schmälert auch nicht den Genuss des rundum abgeschirmten Gioconda-Panoptikums. Es ist eine andere Welt, die Pusenkoff vorstellt, die einen nicht zuletzt durch eine musikalische Untermalung emotional einnimmt und zugleich in ihrer Künstlichkeit auf Distanz hält.

Der in Köln arbeitende Russe George Pusenkoff – geboren 1953 in Krasnapolje – verbindet in seinem Werk Ikonenkunst, neuzeitliche Kunstgeschichte und Computertechnik. Neben der »Mona Lisa« begegnen uns die »Hommage an das Quadrat« von Josef Albers und das »Schwarze Quadrat« von Malewitsch. Das klingt lebhaft nach »quadratisch, praktisch, gut«, sprich: Wir sind im Kerngeschäft der Sammlung Ritter. Der Spannungsbogen ist dabei beeindruckend, verbindet er doch eine Ikone der gegenständlichen Porträtkunst und gleich mehrere Ikonen der abstrakten Kunst. Der Künstler, der auch professionell in der Informatik zu Hause ist, vermag freilich weit über das Format hinaus zu überzeugen. Seine medial aufbereiteten Bildmotive, allen voran die Mona Lisa, sind Ausdruck unserer Zeit wie kaum ein anderes Werk – und es ist paradoxerweise fast heimelig zu hören, dass sie den Weg nicht nur durch Russland über die Metropolen der Welt bis nach Waldenbuch gefunden haben, sondern im Jahr 2006 auch in den Weltraum. Das hat, bei allem Respekt, die im Glaskasten des Louvre gefangene Gioconda höchstselbst nie geschafft. Dass die Pixelversion bei genauerer Betrachtung das Original selbstverständlich ins Oberflächliche verfremdet, gehört zum Konzept. Schließlich spielt Pusenkoff mit seiner virtual reality eine Realität aus, die selbst nie eine war, und er stellt mit seiner Anonymisierung den Bezug zur Wirklichkeit in Frage, schafft es dabei sogar noch, zu den Wurzeln der Kunst, zur Ikonenhaftigkeit zurückzukehren.

Der auf den ersten Griff schwer zu handhabende quadratische Katalog entpuppt sich zum pop-artigen Reiseführer, der die Gesamtkunstinstallation der Ausstellung wunderbar ergänzt.

 

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Öffnungszeiten
Dienstag bis Sonntag 11–18 Uhr

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