Die Produzentengalerie temporärer schauraum und das Atelier Köcher in Bexbach zeigen bis zum 13. August 2008 in einer Gemeinschaftsausstellung die Arbeiten von Gerhard Fassel und Peter Köcher.
Wie bereits in den vergangenen Präsentationen steht erneut das Zusammenwirken unterschiedlicher Kunstartikulationen im Zentrum, wird die gegenseitige künstlerische Befruchtung und – auch dies ein ganz wichtiger Aspekt der Ausstellungskonzeption – ein reger Austausch mit dem Ausstellungsbesucher gesucht.
Der Wiener Architekt, Maler und Bildhauer Gerhard Fassel, der im temporären schauraum vor zwei Jahren bereits Gastkünstler war und damals mit seiner durch lange Arbeitsaufenthalte in China entstandenen Malerei überzeugte, präsentiert nun seine aktuellen skulpturalen Arbeiten und Bildobjekte. Sie treten in eine spannungsgeladene Interaktion mit den großformatigen, farblich kraftvollen Arbeiten, den markanten Metallplatten und experimentierfreudigen Werken aus Gipsmull von Peter Köcher.
In der Arbeit »Gefährliche Bücher« artikuliert sich die bedrohende, vielleicht tödliche Macht von Sprache und Kunst. Durch die Alufarbe hindurch schimmern noch die Schriftzeichen beziehungsweise eine Landkarte. Die beiden Pistolen, die in die Bücher eingedrungen sind, demonstrieren die Doppelbödigkeit von Wort und Bild, den Balanceakt auf dem Seil ohne sicherndes Netz darunter. Vielschichtig wie die Auslegung des Wortes ist auch Gerhard Fassels Werk konzipiert: Die Basis bildet Leinwand auf Spanplatte, worauf ein Gemisch aus Sand und Leim modelliert wurde, das sich partiell um die beiden geöffneten Bücher windet. In Acryl- und Ölfarbe hat der Künstler schließlich jene irritierende Bildwirklichkeit eingehüllt und leitet damit den Blick des Betrachters in das Verborgene, das Geheimnisvolle unter der Oberfläche.
Eine ähnliche Materialassemblage begegnet uns in der Arbeit »Einschnitt«. Auch hier greift Fassel auf das Medium Buch zurück: Vier aufgeschlagene Bücher, die nur leicht mit einem silbrigen Farbfilm überzogen sind, formulieren in ihrer Mitte ein blaues Kreuz, das aus Sand und Leim geformt und durch eine biomorphe Oberflächenstruktur geprägt ist. Links davon befinden sich eine nach unten geöffnete Schere sowie eine mit Schnüren durchwobene Metallkonstruktion. Die Schere als Symbol für den »Einschnitt« ist relativ klein, doch die faktische Trennung der »Letternkunst« – das Kreuz zwischen den Büchern – prangt und fordert zu eingehender Betrachtung auf, regt zu Gedankenspielen und Assoziationen an.
Neben den kleinformatigen Collagearbeiten, die sich durch Modellierung des Papiers, gekräuseltes, weißes Klebeband, intensiv leuchtende, rote Farbpartien und eingestreute Tusche- beziehungsweise Bleistiftlineamente auszeichnen, begegnen uns die von Gipsmull ummantelten Arbeiten, auf denen Peter Köcher kleine Symbole angebracht hat, die es zu enträtseln gilt. Dabei ist besonders spannend, wie vielfältig und unterschiedlich die Assoziationen bei jedem Betrachter sein können – doch besteht genau darin das Hauptanliegen der Ausstellung. Nicht naive Harmonie, sondern Reibungspunkte, Kontraste und streitlustige, fruchtbare Dialoge werden angestrebt.
Insgesamt überzeugt der temporäre schauraum sowohl durch eine gelungene Präsentation und zusammen mit dem Atelier Köcher durch eine Vielfalt an Werken als auch durch hochrangige, innovative Werke, die zu Augenakrobatik animieren, die Fantasie des Betrachters herausfordern und ihm zugleich das Gefühl von Ideenfreiheit vermitteln. Und genau auf diese Weise machen Ausstellungsbesuche Spaß!