Ausstellungsbesprechungen

Glück happens, Kunstpalais Erlangen, bis 25. Juli 2010

15 Künstler sollten ihre Vorstellungen von Glück formulieren. Was dabei herauskam, hat sich Günter Baumann angesehen.

Glück passiert halt wie bekanntlich jeder Mist, könnte man meinen, nur reicht uns das? Gerade dieses Glück wollen wir doch eigentlich im Griff halten, wenn nicht gar beherrschen – und dann soll es nur eine Laune des Geschicks sein? Es soll ja auch ausgewiesene Happyologen geben, die sich mit dem Thema befassen, weniger vollmundig auch etliche Philosophen, die der Sache nachgehen. Aber im Ergebnis bleibt die Frage nach dem Wesen des Glücks meist offen. Im Kunstpalais Erlangen hat die Leiterin und Kuratorin Claudia Emmert 15 Künstler(innen) eingeladen, ihre Vorstellung vom Glück auf ihre Weise zu illustrieren, ohne ernsthaft auf eine letztgültige Klarheit über den Begriff zu hoffen. Ein Glücksfall! Denn wenn es eine Antwort auf die Frage nach dem Glück geben kann, wird sie nur in jedem einzelnen zu finden sein – wer wollte schon von außen gesagt bekommen, was sein Glück zu sein habe (eine krasse Fehlleistung einer jeden Ideologie, die genau das glaubt vermitteln zu können).

Dennoch gibt es glückliche Moment zu konstatieren: Zum einen hat sich das Kunstpalais (vormals Städtische Galerie) während einer Umbauphase zwei Jahre lang Gedanken machen können, ja müssen, wie man in den Musenzirkus zurückkehren solle. Die Ausstellungsfläche hat sich verdoppelt, die 2009 ins Amt geholte Leiterin brauchte eine zündende Idee für ein pfiffiges Programm – die Aufbruchstimmung tat das ihre dazu und da war sie: die Frage nach dem Glück. Angespornt von dem Philosophen Günther Bien, der zu Emmerts Studienzeiten (wiewohl Kunstgeschichtlerin, Germanistin und Romanistin) das kleine philosophische Institut der Stuttgarter Universität leitete und sich gänzlich dem Hinterfragen des Glücks verschrieben hat, und noch 2007 feststellte, wie langweilig es sei, wenn man immer glücklich wäre. Im Vorwort des Katalogs, der ganz außergewöhnlich gestaltet ist, prangt als rot markiertes Statement die Grundaussage der Ausstellung auf dem Papier: »Glück ist die wichtigste und zugleich emotionalste Angelegenheit unseres Lebens. Es ist individuell definierbar, hat viele Gesichter, unterliegt keinen Regeln, ist nicht korrumpierbar, dabei immer richtig und stets zweckfrei... Es scheint flüchtig und doch allgegenwärtig«. Und als sei der Kalauer eine glückliche Fügung, setzt die Kuratorin noch nach: »Jeder kann Glück erlangen«, was unbewusst zum Ort des Geschehens führt: Bis 25. Juli kann man in Erlangen sein Glück finden.

Angetreten sind berühmte Künstler wie Christian Jankowski, Tobias Rehberger, Luzia Simons und Erwin Wurm, so grandiose Kollegen wie Birgit Brenner, Mona Hatoum, Karina Nimmerfall oder Alejandro Vidal oder noch viel zu wenig beachtete Größen wie Lars Arrhenius und Daniel Westlund sowie Runa Islam, Sejla Kameric, Katharina Karrenberg, Aleksandra Mir, Peter Piller und Paola Yacoub. Je nach Temperament und Technik entpuppt sich das Glück dabei als Liebeslied und Hauskonzert, Maß und Rausch, Coolness und Projektion, als zerbrechliches Gut und Flucht nach vorn, als Abgrund und Täuschung, heimlicher Augenblick und Höhepunkt vor dem Absturz, als Provokation und Ansichtssache. Zwei Drittel der beteiligten Künstler haben speziell für die Erlanger Schau ihre Positionen formuliert. Wer schon zu Beginn der Ausstellungstour die Riesenwaage von Aleksandra Mir betritt, wird sich gleich bewusst, wie subjektiv das persönliche Glücksgefühl sein kann. Auch vor Erwin Wurms politisch gänzlich unkorrekten Arbeiten überlässt es dem Betrachter, ob er beglückt schmunzelt oder sich empört abwendet. Subtiler lockt uns Luzia Simons in die schöne Blumenwelt, die kaum unglücklich stimmen kann, bis man sich der Vergänglichkeit derselben gegenüber konfrontiert sieht. Ähnlich verhält es sich in dem Einpeitschersatz »Noch nie allein«, der nahezu die entgegengesetzte Wahrnehmung übertitelt. Das Glück als gläserne Frucht oder als ästhetisch verpackte Handgranate zeigt Mona Hatoum – zerbrechlich das eine, zerstörerisch das andere: Das Unglück lehnt stets nah am Glück.

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