»Gosebruch erkennt eine Krise der Moderne, die er hat entstehen sehen und die er über Jahrzehnte mit Texten begleitet hat«, so schreibt Thomas Gädeke, der das schwergewichtige Buch über »Wolfgang Klähn und die Krise der Moderne« herausgegeben hat.
Das ist zunächst löblich, denn Martin Gosebruch hat wenig Monografisches veröffentlicht: die zum Teil abgelegenen Quellen – Eröffnungsansprachen, Zeitungsartikel usw. – sind somit umfangreich zugänglich geworden. Leider hat niemand im Lektorat Einhalt geboten, weil das Buch zu viel will und letztlich nicht einlösen kann. Hätte der Seemann Verlag auf der einen Seite einen Band mit Gosebruchs Texten präsentiert, ein paar gestreute Abbildungen hätten genügt, und auf der anderen Seite einen knappen Bildband über Wolfgang Klähn produziert, wäre allen – dem Autor, dem Künstler und dem Leser – besser gedient gewesen. Denn im vorliegenden Band wird man bis zum Schluss den Eindruck nicht los, dass hier jemand gegen Windmühlen anrennt. Klähns Bilder legen nahe, die Texte würden einen aktuellen Diskurs führen, und Gosebruchs Texte tun so, als sei das Werk von Klähn die Rettung des Abendlandes.
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Auch kann man kaum die Meinung aufrecht erhalten, Beckmann sei unterrepräsentiert, denn längst gehört er zum festen Kanon der wichtigsten Künstler des 20. Jahrhunderts, der wie auch Picasso seinen Platz zurecht gefunden hat (beide berühren sich sogar in den 1920er-Jahren in ihrer Stilentwicklung); sogar Maler wie Paul Kleinschmidt, die lange im Schatten Beckmanns standen, sind heute in gutem Licht platziert. Dass nach Gosebruchs Tod 1992 die Kunstwelt nicht stehen blieb, ist ein Gemeinplatz – doch würde doch heute kein Mensch mehr die abstrakte gegen die figurativ-gegenständliche Kunst ausspielen. Zum anderen überschätzte der Eigenbrötler unter den Kunsthistorikern Künstler wie Paul Wunderlich oder den allzu gefälligen Friedensreich Hundertwasser, die nicht entfernt in derselben Liga spielen wie Klee oder Picasso.
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Sofern die Beiträge des Kunsthistorikers überhaupt von Klähn handeln, hängt er oft genug unmotiviert dem Essay an. In einigen wenigen Texten findet Gosebruch dann doch den Zugang zum Titelkünstler, auch stilistisch (obwohl er, nebenbei bemerkt, sprachlich nie das Niveau seines Altersgenossen Wilhelm Fraenger erreicht, der nicht minder exotisch, aber eher progressiv-konservativ einzustufen ist). Hätte der Herausgeber bzw. der Verlag sich mit diesen Beiträgen begnügt, wäre dem Leser manche Bleiwüste über leserunfreundliche Langzeilen hinweg erspart geblieben und die fabelhaften Grotesken Wolfgang Klähns wären weniger illustrativ ausgefallen. So fragt man sich, was die scheinbare Privatfehde gegen Günter Bandmann in diesem Buch zu suchen hat, dessen brillante Studie zu Picassos »Demoiselles d’Avignon« auf einem anderen Blatt steht. Peinlich ist es, dass er auch noch dem philosophischen Rechtsaußen Arnold Gehlen »um den Hals fallen« will im Einklang mit dessen Moderne-Kritik.