Die Photothek des Kunsthistorischen Institutes in Florenz – Max-Planck-Institut führt kontinuierlich Fotokampagnen durch und stellt digitale Kopien in hoch auflösenden Formaten der Wissenschaft zur Verfügung. Aktuell zeigt die Photothek des Kunsthistorischen Instituts in Florenz – Max-Planck-Institut 46 historische Fotografien aus dem Nachlass des Kunsthistorikers Gustav Ludwig in einer Online-Ausstellung.
Der heute fast vergessene Gustav Ludwig (1854-1905) war einer der herausragenden Kunsthistoriker seiner Generation. Nach einem Medizinstudium hatte er sich in London niedergelassen, wo er neben seiner Arbeit als Arzt ein ausgeprägtes Interesse an kunstwissenschaftlichen Fragestellungen entwickelte. Als er 1895 aus gesundheitlichen Gründen London verlassen musste, ging er nach Wien und besuchte unter anderem Veranstaltungen zur Gemäldekunde. In seiner Arbeit war Ludwig auf der Grundlage profunden Quellenstudiums um die Historisierung und Rekontextualisierung einzelner
Objekte bemüht. Dies prägte vor allem seine Studien in Venedig, wo er die letzten Jahre seines Lebens verbrachte.
Gleichzeitig machte sich Ludwig wie kaum ein anderer vor ihm das innovative Potential der Fotografie für seine kunsthistorischen Forschungen zu Nutze. Er trug nicht nur eine umfangreiche Fotosammlung zusammen, sondern ließ sich auch selber an der „Lehr- und Versuchsanstalt für Photographie und Reproduktionsverfahren“ in Wien ausbilden, wo er unter anderem mit fototechnischen Verfahren wie der Platinotypie, aber auch mit Techniken der Fotomontage vertraut gemacht wurde.
Der Nachlass, der 1905 in den Besitz des Kunsthistorischen Instituts in Florenz überging, stellt ein bedeutendes Zeugnis kunsthistorischer Arbeitspraxis zu Beginn des 20. Jahrhunderts dar. Dazu gehören auch die Fotografien, die in dieser Online-Ausstellung präsentiert werden.
Zu den wichtigsten Arbeiten Ludwigs zählt der 1901 im „Jahrbuch der preußischen Kunstsammlung“ veröffentlichte Aufsatz zu Bonifazio Veronese. Ludwig dokumentierte dort die bis dato kaum bekannte Biographie des Renaissancemalers und legte gleichzeitig eine Rekonstruktion der 1529 von Bonifazio ausgeführten Ausstattung des Palazzo dei Camerlenghi in Venedig vor. Dafür ließ er die sich im venezianischen Staatsarchiv befindlichen Grundrisse des Palazzo kopieren und Wandaufrisse der Innenräume anfertigen, in welche er Fotografien der Werke collageartig einfügte. Dieses in der Photothek des Kunsthistorischen Instituts in Florenz aufbewahrte Material gewährt einen
seltenen Einblick in das gedankliche Laboratorium des Kunsthistorikers.
In Ludwigs fotografischem Nachlass befinden sich auch sieben Aufnahmen, die seine Rekonstruktion von Vittore Carpaccios Ursula-Zyklus in der Kapelle der Scuola di Sant‘Orsola in Venedig dokumentieren. Die Gemälde waren nach der Auflösung der Scuola 1806 in die Accademia gebracht worden, wo man sie 1895 neu präsentiert hatte.
Unter http://expo.khi.fi.it können Sie sich die Ausstellung ansehen.